Full text: ¬Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens (2)

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Die Miete. 
V. Auch neben schriftlichen Miet= und Pachtverträgen kommen 
mündliche Vereinbarungen vor.18 Namentlich ist dies der Fall, wenn 
Formulare benutzt und unterschrieben werden, welche oft für den ge 
gebenen Fall nicht Passendes und nicht Gewolltes enthalten, ohne daß 
es sorgfältig genug in der Urkunde ausgemerzt wird. Es werden dann 
die mündlichen Nebenabreden als maßgebend zu erachten sein, soweit sie 
die Vertragsbestimmungen erläutern oder ergänzen oder untergeordnete 
Punkte betreffen.19 Stehen sie mit dem schriftlichen Vertrage in wesent 
lichen Punkten in Widerspruch, so verhält es sich so, als wäre ein 
Schriftvertrag nicht vollzogen. 
VI. Formlose Aufhebung auch schriftlicher Mietverträge ist rechts 
gültig, da nach B.G.B. Formlosigkeit für Verträge gilt, soweit es 
nicht eine Form besonders vorschreibt. 20. 21 
VII. Für die Gültigkeit des Miet= oder Pachtvertrages unter den 
Beteiligten ist es unerheblich, ob der Vermieter oder Verpächter Eigen 
tümer der Mietsache ist und ob derselbe die Befugnis zur Überlassung 
des Gebrauches oder des Fruchtgenusses an den Mieter oder Pächter 
hat. Insbesondere verbindet daher ein Vertrag zwischen dem Mieter oder 
Pächter und einem Aftermieter oder Afterpächter die Vertragschließenden 
auch dann, wenn es an der gesetzlich erforderlichen Erlaubnis des ersten 
Vermieters oder Verpächters fehlt. 22 
Besondere Grundsätze gelten, wenn der Nießbraucher als solcher 
ein Grundstück vermietet oder verpachtet hat, der Nießbrauch aber wäh 
rend der Dauer der vereinbarten Zeit beendigt wird, § 1056, 
18) Ist bei einem für mehrere Jahre geschlossenen Mietvertrage mündlich ver 
einbart, daß nach Ablauf des ersten Jahres der Mieter, falls ihm die Wohnung 
nicht zusagt, kündigen könne, so übt diese Abrede die Wirkung aus, daß der Miet 
vertrag als auf unbestimmte Zeit zu gelten hat, daß jedoch die Kündigung für eine 
frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres nicht zulässig ist. L.G. Colmar 
v. 10. Juli 1901, bestätigt v. O. L. G. Colmar in Ztschr. f. Els.=Lothrg. Jahrg. 27 S. 250. 
19) Vgl. Tauber, Wirksamkeit mündlicher Abänderungen eines schriftlichen Miet 
vertrags über ein Grundstück bei Gruchot Bd. 49 S. 228; sieh ferner oben Bd. 1 § 140 VI. 
wogegen Tauber S. 246 Anm. 18 nicht zutreffend ankämpft. 
20) Nach Borcherdt, Mietrecht S. 33 hat die formlose Aufhebung eines beur 
kundeten Mietvertrages Geltung, nicht aber die formlose Abänderung. Gleicher An 
sicht wie Borcherdt in Bezug auf § 313 B. G. B. das O. L. G. Posen v. 22. Febr. 1902. 
Seufferts Archiv Bd. 57 S. 390 n. 207, und R.G. v. 12. April 1902, das. Bd. 58 
S. 1 n. 1. 
21) Über die Stempelpflichtigkeit der Pacht=, Afterpacht=, Miet= und Aftermiet 
verträge in Preußen vgl. Stempelsteuergesetz v. 31. Juli 1895, Tarif n. 48. 
Wenn der jährliche Zins 300 Mark übersteigt, beträgt der Stempel 1/10% vom Zins. 
22) Selbst die eigene Sache kann man mieten oder pachten, vorausgesetzt, daß 
man sich hierdurch einen Gebrauch verschafft, welchen man sonst entbehren würde,
	        
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