De justitia et iure.
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mung der in der bürgerlichen Gesellschaft zu beobachtenden
Pflichten, und Verhütung aller aus Bosheit oder Unvor
sichtigkeit entstehenden Beleidigungen und Verbrechen sind
festgesetzt worden. Wenn wir hingegen vom Gesetze
im eigentlichen Verstande reden, so ist darunter die Vor
schrift eines Regenten zu verstehen, nach welcher
seine Unterthanen ihre freyen Handlungen
einzurichten vollkommen verbunden sind. In
diesem Verstande nimmt es unser Verfasser. Nun liesse
sich zwar dagegen einwenden, daß es auch Permissivgesetze
giebt, denn nach dem Ausspruche des Modestins in der
L. 7. D. de legibus, befehlen und verbieten die Gesetze nicht
immer, sondern sie erlauben auch; z. B. die Gesetze er
lauben dem Vater, seinen unmündigen Kindern Kraft sei
ner väterlichen Gewalt in seinem Testamente einen Vor
mund zu ernennen, ihnen pupillariter zu substituiren. Allein
der Autor wird in der Folge §. 14. diesem Zweifel selbst
begegnen. Die Entwickelung dieses Begriffs führt uns auf
folgende Wahrheiten.
I) Gesetze werden von dem Regenten gegeben, der die
gesetzgebende Gewalt hat. Da es nun nach dem Unter
schiede der Gesellschaften mancherley Regenten und Gesetz
geber giebt, so entstehen daher verschiedene Gattungen der
Gesetze. Es giebt nämlich Gesetze, welche von dem Re
genten des Staats herrühren, und andere, welche von dem
Regenten der Kirche gegeben worden sind. Erstere wer
den bürgerliche Gesetze (leges civiles), letztere hin
gegen Kirchengesetze (leges ecclesiasticae) genennt.
II) Ein Gesetz in der angegebenen eigentlichen Be
deutung enthält den Willen eines Oberherrn; es unterschei
det