De Legibus, Senatusconsultis et longa consuet. 463
wieder überlassen hätte, behauptet werden könnte, daß dem
Nachbar der Retract vermöge eines Gewohnheitsrechts
an diesem Orte zustehe. Ob jedoch Handlungen blos
aus gutem Willen, oder in der Meinung einer Verbind
lichkeit geschehen, ist theils aus der Beschaffenheit der
Handlungen selbst, theils aus dem Grunde, warum eine
Gewohnheit eingeführt worden"*), theils aus der Länge
der Zeit, theils aus dem nie erfolgten, oder nie geach
teten Widerspruche, theils aus den darauf gegründeten
rechtskräftigen Erkenntnissen zu beurtheilen, auf welches
letztere uns Ulpian oben angeführtermassen ganz vor
züglich verweiset. Noch eins muß ich hierbey anmer
ken. Wenn ich moralisch nothwendige Handlün
gen zur Einführung einer verbindlichen Gewohnheit er,
fordere, so folgt, daß alle unfreywillige, durch un
erlaubten Zwang veranlaßte, oder auf offenbaren Irr
thum sich gründende Handlungen hier auszuschliessen
sind 96
V) Zur Bestättigung, eines Gewohnheitsrechts
muß nun ferner noch die Länge der Zeit (diuturni
tas temporis) hinzukommen. Die Ausdrücke consuetudo
inveterata 3?), diuturna ?8) per annos plurimos observa
100
ta °) longaevus usus
consuetudo antiquitus probata
et
95) L. 1. Cod. quae sit longa consuetudo schärft daher dem Rich
ter ein, auf rationem, quae consuetudinem suasit, zu sehen.
96) Actus per vim metumque gesti nihil operantur, sagt I. H.
BOEHMER in Introd. in ius Digestor. h. t §. 20. nr. 4. Von
einer erronea consuetudine aber handelt L. 39. D. h. t.
97) L. 32. §. 1. D. h. t.
98) L. 33. D. eodem.
99) L. 35. D. eodem.
100) L. 2. C. quae sit longa consuetudo,