Full text: Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld (1)

1. Buch. 2. Tit. §. 67. 
382 
sich einen richtigen Begriff von dem heutigen Zustande, so 
wohl der evangelischen als der catholischen Kirche mache, 
daß man ferner eine genaue Kenntniß der verschiedenen 
Lehrsätze der catholischen und protestantischen Theologie 
habe, und überall das canonische Recht aus seinen rechten 
Gründen herleite, um heutiges Tages bey der so grossen 
Verschiedenheit unserer Zeiten von jenen, aus welchen das 
canonische Gesezbuch herruͤhrt, keinen unrichtigen Gebraud 
davon zu machen**)? Auch selbst unter den Katholiken 
hat das canonische Recht viel von seiner Gültigkeit verloh 
ren, und kann daher nicht anders als mit groser Behutsam 
keit unter denselben angewendet werden, indem nicht nur 
das Tridentinische Concilium und andere neuere bey ihnen 
geltende Gesetze beträchtliche Abänderungen desselben ent 
halten, sondern auch das ganz im Tone einer allgemeinen 
und obersten geistlichen Macht von den Päbsten abgefaßte 
canonische Gesezbuch durchaus nicht mit dem heutiges Ta 
ges herrschenden Episcopalsystem bestehen kann. Nicht zu 
gedenken, daß die heutige durch den Religions- und West 
phälischen Frieden festgestellte Verfassung des teutschen 
Reichs, und die Reichsgesezmäsige Bestimmung der Grenzen 
zwischen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit viele 
Verordnungen des canonischen Rechts ganz unanwendbar 
macht?"). Daß übrigens durch das canonische Recht in 
den 
29) S. Io. Heinr. de BERCER Progr. de genuino iuris canonici 
usu; seu de summa circumspectione et cautione in legendo 
iure canonico eiusque Interpretibus doctori Protestantium ad 
hibenda. Viteb. 1706. und in Desselben Philocalia fori, 
p. 173. auch meine Praecognita iuris Eccles. p. 82. seq. 
30) So z. B. ist es ein Grundsatz des canonischen Rechts, daß 
causae iuramentorum vor die geistliche Gerichtsbarkeit gehören, 
c. 34.
	        
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