Full text: Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld (1)

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1. Buch. 1. Tit. §. 2. 
ter iut ein nach den Gesetzen zustehendes Vermöͤgen etwas 
zu thun verstehet, so hat jener Grundsatz den Verstand: 
Wenn die Gesetze mir ein Recht ertheilen, so verpflichten sie 
meine Mitbürger, die Ausübung desselben geschehen zu lassen. 
Denn niemand darf den andern in seinem Rechte kränken, 
oder ihn an dessen Ausübung hindern. 
Was ist nun aber Verbindlichkeit? Der Be 
griff, den wir in dem römischen Gesetzbuche 3*) davon fin 
den, ist folgender: obligatio est iuris vinculum, quo 
necessitate adstringimur, alicuius rei solvendae, secun 
dum nostrae civitatis iura. Es ist ganz offenbar, daß 
Justinian hier keinen allgemeinen Begriff gegeben, sondern 
nur eine solche Verbindlichkeit bezeichnen wollen, die bürger 
lich wirksam ist, und aus welcher nach römischen Rechten 
eine Klage gegen den Schuldner erhoben werden konnte. 
Dies zeigen die Worte secundum nostrae civitatis iura unter 
andern sehr deutlich an. Es scheint dies auch der recht eigent 
liche Begriff der Obligation im Sinne des römischen Civil 
rechts zu seyn, wenigstens kann man sich's nun erklären, 
wenn Julian 32) sagt, eine natürliche Verbindlichkeit, die 
keine Klage wirkt, sey nur uneigentlich und per abusionem 
eine obligatio zu nennen; ja wie lebhaft sich die römischen 
Juristen überzeugt haben müssen, daß nur eine vollkomme 
ne Verbindlichkeit, auf deren Erfüllung mit Beistand der 
Rechte geklagt werden kann, den Namen einer Obligation 
verdiene, läßt sich weiter daraus erkennen, wenn in den 
Gesetzen 33) gesagt wird, ein sogenanntes pactum nudum 
wirke 
31) pr. 1. de obligat. 
32) L. 16. §. 4. D. de fideiussor. 
33) L. 7. §. 4. D. de pactis.
	        
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