1. Buch. 1. Tit. §. 26.
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lich weg. Denn ist es gewiß, daß die Gesetze gewisse
Handlungen des Gläubigers mit dem ganzen Verluste sei
nes Rechts bestrafen können, was nicht leicht jemand leugnen
wird; so kann ja nicht füglich den Schuldner eine natürli
che Verbindlichkeit treffen, wenn das bürgerliche Verhältnis
macht, daß auf Seiten des Gläubigers, gar kein Recht
mehr vorhanden ist 3*). Fragt man nun, in wiesern in den
Fällen einer reprobirten oder ganz aufgehobenen natürlichen
Ver
31) Diesem ist die L. 19. pr. D. de condict. indeb. keinesweges
entgegen, wo es heißt: Si poenne causa eius, cui debetur, de
hitor liberatus est; naturalis obligatio manet. Denn diese Stelle
beziehet sich lediglich auf solche Verordnungen des Civilrechts,
welche dem Gläubiger blos die Klage entziehen, und insofern
den Schuldner befreyen; nicht aber auf solche Gesetze, wo
durch der Gläubiger seines ganzen Rechts ver
lustig erkläret wird. Deutlicher wird dieses in der L. 9.
§. 4. D. ad Sctum Macedon. auseinander gesezt: Hi demum
solutum non repetunt, qui ob poenam creditorum actione li
berantur, non quontam exonerare eos lex voluit. Es ist also
in jedem einzelnen Falle die bürgerliche Disposition ihrem gan
zen Inhalte nach genau zu prüfen, und hieraus zu bestimmen,
ob dem Gläubiger das ganze Recht an sich abgesprochen, oder
ihm nur gewisse Rechtsmittel versagt worden sind, in welchem
leztern Falle die natürliche Verbindlichkeit in so weit fortdauert,
als ihr die gerichtliche Wirkung nicht entzogen worden ist.
Z. B. Wenn ein Vormund bey Uebernehmung der Vormund
schaft seine Forderung an den Pupillen verschwiegen, so wol
len ihn die Gesetze mit seiner Klage nicht weiter gehört wissen
Nov. LXXII. c. 4. Da sie ihn also nicht mit dem Verlust seines
ganzen Rechts bestrafen, so verstehet es sich von selbst, daß
die natürliche Verbindlichkeit mit allen übrigen ihr nicht aus
drücklich genommenen Wirkungen fortdauere. S. Weber im
angef. Buche. §. 92. S. 426. und §. 94. S. 436.