De justitia et iure.
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dennoch aus Irrthum, ja zuweilen auch wissentlich
gegeben oder gezahlet worden ist, wieder zurüͤckgefordert
werden kann. Ehe wir jedoch hierüber weiter ins Detail
gehen können, wird es nöthig seyn, diejenigen Fälle ausein
ander zu setzen, wo die natürliche Verbindlichkeit nach der
Vorschrift des Civilrechts gänzlich wegfällt. Hierher ge
hört einmahl, wenn die positiven Gesetze gewisse natür
lich erlaubte und verbindliche Handlungen aus besondern Ur
sachen durchaus verbieten, und dergestalt füͤr ungültig er
klären, daß gleich Anfangs keine Verbindlichkeit daraus im
Staate entstehen kann. Die Gründe, wodurch bürgerliche
Gesetzgeber veranlasset werden können, natürlich erlaubte
Handlungen zu verbieten, und die daher entstehenden man
cherley Classen der verbietenden Positivgesetze haben wir
oben schon erörtert. (§. 14. S. 94.) Zweytens: wenn
der bisherige gerichtliche Effect einer natürlichen Verbind
lichkeit zur Strafe des Gläubigers wegen Uebertretung ver
bietender oder gebietender Gesetze dergestalt aufgehoben wird,
daß die Gesetze dem Gläubiger nicht blos richterliche Hülfe
versagen, sondern ihn seines ganzen Rechts an sich
verlustig erklären. Dieß ist zum Beyspiel der Fall,
wenn die Abtretung einer Schuldforderung, zum Nachtheil
des Schuldners, an einen Mächtigern geschehen *3); oder
wenn der Gläubiger, um seine Befriedigung zu erhalten,
sich der verbotenen Selbsthülfe bedient hat 39). In bey
den Fallen ist nicht blos Verlust der Klage, sondern des
ganzen Rechts an sich zur Strafe geordnet, und da
her faͤllt auch nothwendig die natuͤrliche Zwangspflicht gaͤnz
M 2
lich
29) L. 2. C. ne liceat potentior.
30) L. 13. D. quod metus causa.