1. Buch. 1. Tit. §. 23.
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sie als Buͤrger eines besondern Staats zu beobachten hatten.
Die Ceremonialgesetze der Juden3) hatten haupt
sächlich ihre Beziehung auf den damahligen Zustand des
jüdischen Volks. Es sollte nämlich die den Israeliten darinn
vorgeschriebene Art der Gottesverehrung theils Vorbild auf
den Messias, theils Mittel seyn, das Volk Gottes, welches
durch den langwierigen Umgang mit den Aegyptiern zu ei
nem sinnlichen und in das Auge fallenden Gottesdienst ein
mahl verwöhnt war, gegen heidnischen Aberglauben und
Abgötterey zu verwahren, und solches hierdurch von den
übrigen Völkern der damahligen Zeit ganz abzusondern.
Dieses Ceremonialgesetz der Juden ist nun, wie bekannt, im
neuen Testamente ganz aufgehoben worden, und gehet also
uns Christen gar nichts an. Die bürgerlichen Ge
setze Mosis 29) hingegen, welche ebenfalls auf die damah
ligen Umstände der Israeliten ihre haͤuptsaͤchliche Beziehung
haben, gelten heutiges Tages unter den Christen nur inso
fern, als sie in diesem oder jenem christlichen Staate aus
drücklich oder stillschweigend recipirt worden sind. Hieraus
folgt, daß ein Landesherr diese Gesetze abzuaͤndern oder wohl
gar aufzuheben allerdings befugt sey, wenn die veränderten
Umstände seiner Unterthanen solches erheischen **), oder er
solches
89) S. Io. SPENCER de legibus Hebraeorum ritualibus, et earum
rationibus. Cantabrigiae 1727. Tow. II. sol. und Christph.
Frid. SARTORIUS de lege ceremoniali. Tubingae 1762.
90) Sam. STRYCK leges forenses mosaicae cum iure Romano col
latae. Lipsiae 1745 8. Henr. BODINI Diss. de obligatione fo
rensi iuris divini. Halae 1696. rec. 1711.
91) Viele Verordnungen des Mosaischen Rechts sind daher heutiges
Tages wegen veränderter Umstände gar nicht mehr anwend
bar.