1. Buch. 1. Tit. §. 22.
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hätten nicht die Sohne Jacobs wegen des an Hemor und
seinem Sohn Sichem veruͤbten Mords s*) ebenfalls wieder
mit der Schaͤrfe des Schwerdts hingerichtet werden muͤssen,
wenn jenes Gesetz allgemein und unabänderlich wäre? Al
lein daß dieses nicht geschehen, erhellet aus 1. B. Mose
XLIX. v. 5. und 6. 82). Es wäre also doch nur ein Zeit
gesetz gewesen, welches den Noah und seine Kinder verbin
den sollte, um sie für Mordthaten zu warnen 8?). Soviel
hiernächst die Mosaischen Ehegesetze anbetrift, so
darf der in denselben selbst enthaltene wichtige Unterschied
zwischen natürlichen und willkührlichen Vorschrif
ten nicht aus der Acht gelassen werden. Daß nun denselben
freylich in Ansehung solcher Verordnungen, die ihren Grund
schon in den natürlichen Gesetzen haben, eine allgemeine und
unumstößlich verbindende Kraft beyzulegen sey, hat keinen
Zweifel, allein von diesen ist auch hier die Rede nicht. Son
dern die Frage ist, ob auch denjenigen Eheverboten Mosis,
die blos in willkührlichen göttlichen Vorschriften ihren
Grund haben, eine allgemeine und unabaͤnderliche Verbind
lichkeit zuzueignen sey? und diese Frage ist mit Nein zu
beant
81) Genes. XXXIV. v. 26.
82) Noch mehrere Gründe hat Carl Ferd. Hommel in den
philosophischen Gedanken über das Criminalrecht, herausgege
ben von Dr. Rößig (Breslau 1784.) §. 58.
83) Man sehe MICHAELIS Comment. I. et II. ad leges divinas
de poena homicidii, (in Syntagm. commentation. P. I. Goett.
1759.) Ebendesselben Mosaisches Recht Th. VI. §. 273.
f. u. Dr. Leß Abh. kann die Todesstrafe auf den Kindermord
ohne Verletzung der göttlichen Gesetze abgeschaft werden, in
Dr. Posselt wissenschaftlichen Magazine 1. Heft
Mr. 3.