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§ 9. Die Tugend des Gehorsams.
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V.
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Ln jedem Menschen — schon von der Wiege an — be¬
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obachtet man das Sprossen zweier Arten Samen: des
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guten Weizens und des schädlichen Unkrautes, und die
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Bewegung zweier Arten Kräfte: edler Bestrebungen und
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gesunder Triebe, welche den Willen Gottes, des höchsten
Herrn, befolgen, auf dem Wege der Pflicht und der Be¬
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stimmung fortarbeiten; aber mitten unter denselben auch
ungeregelte Kräfte, willkürliche Neigungen, welche, von der
Ligenliebe allein geleitet, von dem Wege der Pflicht
und der Bestimmung abirren und deshalb für ihn und
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in ihm selbst eine lebenslänglich, mehr oder weniger
schwere Versuchung bilden. Diese Eigenliebe tritt in zwei
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Formen auf: als Sinnlichkeit, indem sie den Menschen
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So
reizt zum schrankenlosen Genuß alles dessen, was seinen
Da
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niedrigen Leidenschaften schmeichelt, ungeachtet dies von Gott
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verboten und ihm schädlich ist; und als Stolz, indem sie den
Menschen reizt, den göttlichen und menschlichen Gesetzen zu trotzen
und im Dünkel völliger Unabhängigkeit sich selbst der alleinige
Gesetzgeber und Richter zu sein. Die Sinnlichkeit ist die Mutter
aller Thorheiten des Willens, und der Stolz ist die Mutter aller
Verirrungen der Vernunft; beide aber — die Sinnlichkeit und
der Stolz — sind verbunden durch die Eigenliebe, welche den
armen Nenschen antreibt, sich selbst als den Mittelpunkt von
allem anzusehen. Diese Eigenliebe ist wahrlich die tiefste Quelle
aller Übel, welche schon am Kinde zehren, dessen Entwickelung
hindern, dessen Frieden stören. Die beste, siegesgewisseste, von
Jesus durch seine Lehre und sein Beispiel den Schülern gegebene Waffe zur vollständigen
Digitalisierungsvorlage:
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
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