Full text: Psychologie. ¬Die Lehre von dem Erkenntnißvermögen (Th. 1)

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 
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1. Theil. Die Lehre vom Geiste. Der äußere Sinn. 
artige Geschmacksvorstellungen lange Zeit anhalten, länger als Empfindungen 
des Gesichts und Gehörs, auch haben wir diesen Sinn sehr in unserer Gewalt 
und können bei ihm den Gegenstand mehr isoliren, als anderswo, dabei tritt uns 
hier die eigentliche Substanz des Gegenstandes, zumal die chemische, weit näher 
entgegen, als bei dem andern Sinne, endlich hängt hier die Empfindung weit 
weniger von leitenden Medien und äußern Umständen ab. Aehnliches gilt vom 
Geruchssinne. Eine besondere Eigenthümlichkeit des Geschmackssinnes ist die, daß 
er sich mit dem Schönheitssinne in die engste Verbindung zu setzen weiß, wo¬ 
durch er viel von seiner bloß subjectiven und sinnlichen Natur verliert und sich 
eine höhere Bedeutung verschafft. Daher die Sorgfalt und Verschwendung, welche 
die Ausstattung und die Verzierung der Tafel in Anspruch nimmt, wogegen auf 
die Gegenstände der andern Sinne eine verhältnißmäßig viel geringere Rücksicht 
genommen wird. Weil der rohe, unentwickelte Geschmackssinn uns den Menschen 
noch in tiefer Erniedrigung zeigt, die völlige Ausbildung und Beherrschung des 
Geschmackssinns aber von einer fein und zart unterscheidenden Sinnlichkeit und 
somit von der ersten Bedingung der feinern Entwickelung des Geistes zeugt, so 
wird auch begreiflich, weshalb man in symbolischer Bedeutung das Wort Ge¬ 
schmack auch auf das Gebiet der Aesthetik verpflanzt und die Fähigkeit der 
Empfindung des Schönen und Erhabenen mit diesem Ausdrucke bezeichnet hat. 
Das Organ des Geschmacksinnes ist der Gaumen (fauces), bestimmter die 
innere Mundhöhle, die Schleimhaut jener Höhle und die zahlreichen sehr verdich¬ 
teten Nerven der Zunge, an deren Oberfläche gewisse kleine Wärzchen sich be¬ 
finden, die sich beim Schmecken unwillkürlich aufrichten. Auch die Wände des 
Schlundkopfes, ja der tiefere Theil der Speiseröhre und selbst die Luftröhre kom¬ 
men als Organ des Geschmacks in Betracht. Die Zunge ist der fleischige, mit 
Haut umgebene Körper in der Mundhöhle, gleichsam ein abgesonderter und 
vorzüglich entwickelter Theil der Haut, derjenigen insbesondere, die überhaupt 
den Mund im Innern überzieht. Sie besteht aus der Wurzel, die im Ra¬ 
chen an dem Zungenbeine befestigt ist, dem Körper und der Spitze. Ihre 
große Beweglichkeit verdankt die Zunge mehreren ihre Hauptmasse bilden¬ 
den Muskeln: diese ihre Beweglichkeit dient nicht bloß zur Vertheilung der 
Speisen im Munde und zur innern Gestaltung der Mundhöhle, sondern auch 
zur Vermehrung und Verstärkung der Geschmacksvorstellung selbst, indem durch 
die Bewegung der Zunge die schmeckbaren Objecte mit immer neuen Stellen 
der empfindsamen Oberfläche in Berührung kommen. Ihre Feuchtigkeit hat 
die Zunge theils vom Speichel, theils von dem durch die Mundschleimhaut ab¬ 
gesonderten Schleime. Daher wird die Geschmacksfähigkeit der Zunge sehr 
unterstützt durch die in ihrer Nähe liegenden Speicheldrüsen (Eicheln), 
deren drei Paare vorhanden sind, die zu beiden Seiten des Unterkiefers, unter
	        
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