Full text: Psychologie. ¬Die Lehre von dem Erkenntnißvermögen (Th. 1)

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Max-Planck-Institut für Bildungsforschunc 
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Einleitung. 
gemeinen Naturlebens ist, sich eben darum auch zur Idee des Weltganzen und 
des Urgrundes desselben nimmer erheben kann, für ein von dem materiellen Thier¬ 
individuum verschiedenes, selbstständiges, am wenigsten für ein persönliches und 
unsterbliches Wesen zu halten, so verstehen wir unter der menschlichen Seele 
ein für sich bestehendes, geistiges, persönliches, unsterbliches Wesen, wie es 
ja auch überall, wenn von der Seele des Menschen gesprochen wird, heißt, daß 
diese ein Geist sei, und daß das Thier diese Seele nicht nur nicht etwa anders¬ 
artig, sondern gar nicht habe, und wie auch diejenigen Kirchenschriftsteller, 
welche den Menschen aus Leib, Seele und Geist bestehen lassen, sammt und son¬ 
ders im Menschen nur ein einziges seiner Natur nach unsterbliches Element 
anerkennen und den Tod als die Trennung der Seele von dem Leibe bezeichnen. 
Da nun dem Gesagten zufolge der Mensch vier Betrachtungsweisen zuläßt, 
eine insofern er Körper, eine insofern er Leib, eine insofern er Seele und 
endlich eine insofern er Geist ist, so gibt es auch vier Hauptwissenschaften von 
dem Menschen und somit vier der Anthropologie im weitern Sinne untergeord¬ 
neten Disciplinen. Nimmt nämlich die Anthropologie 1) den menschlichen Kör¬ 
per, bloß als solchen in Betracht, macht sie uns mit dem Baue desselben be¬ 
kannt, umfaßt sie die gröbern und feinern (selbst mikroskopischen) Raumbestand¬ 
theile der Organe nach ihren physischen Eigenschaften, die Structur und Textur 
jedes Organs, die räumliche Verbindung der Organe und ihre Zusammensetzung 
zum ganzen Organismus, so entsteht die Anatomie des Menschen, d. i. die Wissen¬ 
schaft von dem Menschen bloß nach seiner räumlichen Materialität betrachtet oder kür¬ 
zer, die Wissenschaft von dem Menschenkörper. Geht aber die Anthropologie 2) 
über den bloß materiellen Menschen hinaus, ist sie eine Lehre von den Lebens¬ 
functionen der Organe, von den wechselseitigen Beziehungen der erstern unter sich und 
zur Darstellung des Organismus, so wie von den Gesetzen des Lebens, denen 
diese Functionen unterliegen, so entsteht die Physiologie, d. i. die Wissen¬ 
schaft von dem Menschen als lebendigem Menschenkörper *), oder kürzer die Wissen¬ 
schaft von dem Menschenleibe. Geht aber die Betrachtung über die bloß 
physische Seite des Menschen hinaus und versetzt sie sich auf die geistige 
Seite desselben, so betrachtet sie entweder zunächst den Menschen 3) insofern 
das rein geistige Princip in ihm mit dem leiblichen Princip in ihm in 
Verbindung und Wechselwirkung steht, in welchem Falle dann das geistige Prin¬ 
ziv im Menschen Seele heißt: hier entsteht die Psychologie d. i. die Wis¬ 
senschaft von dem mit dem menschlichen Leibe in Verbindung stehenden Geiste, 
oder kürzer die Wissenschäft von der Menschenseele. Oder es betrachtet die 
*) Man könnte die Physiologie gleichsam eine belebte Anatomie und Anthropochemie 
nennen. Eine alte Definition nannte die Physiologie doctrina de usu partium.
	        
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