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Es ist schwierig, die vorliegende Kohortendifferenzierung bei
Männern und Frauen auf die gleiche Weise zu interpretieren.
Zunächst steht die Frage im Raum, warum die Frauen der Jahrgänge
1939-41 ihre höhere Bildung stärker für außerfamiliale
Aktivitäten nutzten als die Frauen der jüngsten Jahrgänge. Eine
befriedigende Antwort kann angesichts der Komplexität der
historischen Situation nicht gegeben werden. Es fällt jedoch auf
daß gerade der Schulabgang dieser Abiturientinnen-Jahrgänge mit
einer prosperierenden Wirtschaft zusammenfiel. Es war die
eigentliche Phase der "Goldenen Fünfziger Jahre", nämlich die
Periode zwischen 1961 und 1967. Für Frauen, die zehn Jahre
später ihr Abitur machten, fällt die aufgeschobene "kritische"
Heiratsphase in eine Zeit, die durch die ersten Ausläufer der
ökonomischen Rezession - "Ölkrise" 1973/74 - gekennzeichnet ist.
Die Frauen hingegen, die in der Nachkriegszeit eine höhere
Schulbildung absolvierten, hatten weder ökonomische noch soziale
Chancen, zunächst auf eine Familiengründung zu verzichten.
Denzufolge bilden sie jene Gruppe, für die
Bildungsdifferenzierung eine nur geringe Differenzierung des
Heiratsalters bedeutete. Hauptschülerinnen heirateten in dieser
Kohorte nicht sehr viel früher als Abiturientinnen.
Neben den schlechten sozio-ökonomischen Bedingungen und der
traditionellen Rollenorientierung führte das erzwungene
Partnerwahl-Moratorium der unmittelbaren Nachkriegszeit zur
Verspätung der Familiengründung. Die Kohorte 1939-41 erlebte
einen wieder normalisierten Heirats- und Arbeitsmarkt. Der Vor-
und Nachkriegsbabyboom führte dazu, daß den Frauen dieser
Jahrgänge mehr ältere Ehepartner gegenüberstanden. Zugleich
hatten diese Männer sehr viel günstigere Arbeitsmarkt- und
Einkommenschancen als die heiratsfähigen Männer zehn Jahre zuvor.
Die Frauen der Kohorte 1949-51 konnten zwar auch früher heiraten
und eine Familie gründen, aber die Tendenz der Vorverlagerung ist
bei ihnen schon deutlich gedämpft.
In bezug auf die Kohortendifferenzierung der Männer können wir
ebenfalls eine Vorverlagerung der Familiengründung als Ausdruck
verbesserter ökonomischer Chancen festzustellen. Allerdings