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infolge ihrer langen Moratoriumszeit so nahe gekommen, daß ihnen
nicht mehr viel Zeit für andere extensive nicht-familiale
Aktivitäten übrigbleibt. Für Männer hingegen spielt dieses
"kritische" Lebensalter eine viel geringere Rolle bzw. es ist
weit in ein höheres Lebensalter verschoben, in der die
Stabilisierung der psychisch-sozialen Bedürfnisbefriedigung für
sie dringlicher wird. D.h. Männer können sich mehr Lebenszeit für
andere Dinge nehmen, bevor sie die psychisch-ökonomische Bindung
einer Familie eingehen. Dies gilt besonders für jene Männer, die
sich aufgrund ihrer höheren allgemeinen Schulbildung
diversifizierte Chancen und Bedürfnisse geschaffen haben. Die
Erklärung durch die ökonomische Stabilisierung führt hier nicht
weiter, da sie unzureichend die Tatsache erklärt, daß es gerade
Abiturienten sind, die Eheschließung aufschieben. Da aber
Abiturienten mehr Karrierechancen mit höheren Einkommenszielen
haben, werden sie die Eheschließung als Familiengründung länger
aufschieben, um zunächst berufliche Ziele zu erreichen. Erst zu
einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben ist es ihnen möglich,
ihre berufliche Position zu etablieren.
Die Geschlechtsspezifizität des Heiratsaufschubs aufgrund der
weiterführenden Schulbildung ist ein Ergebnis des sozialen
Wandels von 1950 bis 1980, wie er vor allem bei der Kohorte
1949-51 zum Ausdruck kommt. Bei allen drei Kohorten bringt die
höhere Bildung eine Verzögerung der Eheschließung und
Familiengründung mit sich. Aber erst in Kohorte 1949-51 gewinnt
die höhere Schulbildung bei Männern eine solche Bedeutung, daß es
dazu kommt, daß die Familienbildung deutlich zurückgestellt wird.
Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen linearen Trend.
Das Abitur hat schon für die Männer der Kohorte 1939-41 die
gleiche negative Verzögerung der Familienbildung zur Folge. Bei
den Frauen findet sich die geringere Bedeutung des Abiturs für
die Familienbildung sowohl bei der Kohorte 1929-31 als auch bei
der Kohorte 1949-51. Abiturientinnen jedoch, die zwischen 1939-41
geboren wurden und die ihre "kritische" Heiratsphase in den
sechziger Jahren durchliefen, zeigen ein davon abweichendes
Muster. Diese Frauen warten länger bis zur Heirat als jene
Frauen, die zehn Jahre vor oder nach ihnen geboren wurden.