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3. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
Der Berufszugang hat für den Heiratsprozeß zwei Bedeutungen: 1.
Die Dauer der formalen schulischen Bildung nimmt Einfluß darauf,
zu welchem Zeitpunkt im individuellen Lebensverlauf die
Heiratsentscheidung getroffen wird. 2. Die mit unterschiedlichen
Optionen verknüpften beruflichen Qualifikationen tragen zu einer
weiteren Differenzierung des Heiratsprozesses bei. Die
heiratsaufschiebende Wirkung weiterführender Bildungsaktivitäten
gilt gleichermaßen für Männer und für Frauen. Auf allen
Bildungsniveaus heiraten Frauen früher als Männer. Allerdings
fällt auf, daß es für Frauen eine andere Bedeutung hat als für
Männer, wenn sie das Gymnasium absolvieren. Während Abiturienten
ihre Heirat über 5 Jahre mehr als Realschulabsolventen und fast
sieben Jahre mehr als Hauptschüler aufschieben, entspricht bei
Abiturientinnen die Heiratsverzögerung, wie sie durch ihren
Erwerb höherer Bildung entsteht, nicht ihrer längeren Schuldauer.
Die geschlechtsspezifischen Wartezeitunterschiede zwischen
Hauptschülern und Realschülern kann man nicht als Indikatoren der
Orientierung von Männern und Frauen hinsichtlich der
Familienbildung interpretieren. Denn es konnte gezeigt werden,
daß es mit der Ausweitung der instrumentellen Aktivitäten durch
Realschulbildung sowohl bei Männern als auch bei Frauen zum
Aufschub der Familiengründung kommt.
Wie läßt es sich aber verstehen, daß es gerade im Falle der
gymnasialen Bildungsbeteiligung zur Aktualisierung von
Geschlechtsrollen in dem Sinne kommt, daß Männer die
Familienbildung länger aufschieben als Frauen?
Wir können für Frauen in der untersuchten historischen Periode
die Lebensphase, in der für sie eine Familiengründung möglich
erscheint, bis Ende Zwanzig datieren. Das wahrscheinlichste
Heiratsalter fällt in die Mitte Zwanzig.
Diesem "kritischen" Lebensalter sind aber Abiturientinnen