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Zur Verhaltensrelevanz
Wie gesagt sind Cunos Kontrollvorstellungen mit seinen generell reak-
tiven Verhaltenstendenzen kompatibel. Wenn ihnen eine Verhaltensrelevanz
beigemessen werden kann, dann ist es die der Stabilisierung seiner wenig
initiativen, reaktiven Verhaltenstendenzen: In der interaktionistisch-
flexiblen Grundsicht, die mit einer Dominanz von situationsdynamischen
externalen und fatalistischen Wirkfaktoren verbunden ist, fehlt eine klare
Betonung eigener Einflüsse. In jenen Evaluationen, in denen internale An¬
teile dominieren, sind sie aber häufig illusionär und/oder rein hypothe-
tisch. Von daher lassen sich aus diesen Kontrollvorstellungen keine
"inneren Anregungen oder Aufforderungen" zur eigenen Initiative, zum
selbstbestimmten Handeln auch gegen äußere Widerstände entnehmen. Die
fatalistisch getönte Vorstellung von der Kraft der Situationsdynamik
impliziert ja bei Cuno die Sicht, daß er sich (mehr oder weniger stark)
den jeweiligen situativ wirksamen Einflüssen anzupassen hat, daß "situa-
tionskonträre" eigene Einflüsse sowieso modifiziert werden würden und
damit nur begrenzt (eventuell sogar überhaupt nicht) wirksam werden
würden. Konsequenterweise evaluiert Cuno dann auch eigene Einflüsse nur
als das Akzeptieren oder Zurückweisen von an ihn herangetragenen "Ange¬
boten", nicht aber als initiative, strukturierende Einflußnahme.
Cunos Verhaltenstendenzen können sicherlich nicht als durch seine Form
des Kontrollbewußtseins wesentlich "verursacht" angesehen werden. Offen¬
sichtlich sind dafür auch und in erster Linie andere Antezedenzfaktoren
in Rechnung zu stellen, auf die ich aber an dieser Stelle nicht einzuge¬
hen brauche. (Dafür in Frage kämen zum Beispiel Faktoren der familialen
Sozialisation, mangelnde Kompetenzen, Interessen den Augenblick zu ge¬
nießen und ähnliches mehr; sicherlich spielen hier auch noch Cunos Re-
striktivitätsperzeptionen eine Rolle.)
Die Verhaltensrelevanz von Cunos Kontrollbewußtsein dürfte somit da¬
rin liegen, Cunos reaktive Verhaltenstendenzen zu stabilisieren und ini-
tiatives Handeln zu unterdrücken. Die wesentlichen psychischen Funktionen