Full text: Hoebig, Wolfgang: Bedürftigkeit

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so daß hier der organische Körper eine selbständige Reaktions- 
kraft hat, die neue Reaktion durch ihn vermittelt werden muß. 
(MEW 20, S. 554) 
Die Entwicklung menschlicher Bedürfnisse schließlich im Gegen¬ 
satz zu anderen, tierischen Formen des diskontinuierlichen 
Stoffwechsels, beruht darauf, daß der Stoffwechsel durch Arbeit 
vermittelt ist, durch die Naturgegenstände bereits menschlichen 
Bedürfnissen assimiliert werden und die Menschen ihre Bedürf- 
nisse nicht nur jeweils befriedigen, sondern auch entfalten, 
also im Stoffwechsel mit der Natur sich nicht nur reproduzieren, 
sondern produzieren, als zunehmend selbständige Subjekte. 
"Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, 
ein Prozeß, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur 
durch seine eigne Tat vermittelt, regelt und kontrolliert. Er 
tritt dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht gegenüber. Die 
seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, 
Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in 
einer für sein eignes Leben brauchbaren Form anzueignen. Indem 
er durch diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie 
verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er entwik- 
kelt die in ihr schlummernden Potenzen und unterwirft das Spiel 
ihrer Kräfte seiner eignen Botmäßigkeit." (Marx, Kapital I, 
S. 192) 
Aber auch qualitativ bedarf die Herausbildung von Lebewesen mit 
diskontitunierlichem Stoffwechsel beziehungsweise mit Bedürf- 
nissen des entsprechenden Reichtums. Selbst wenn eine quantita¬ 
tiv relativ reichhaltige Versorgung und entsprechend häufige 
Sättigung möglich ist, bilden sich nur so weit höhere Funktio- 
nen aus, wie die entsprechenden Betätigungsbedingungen dafür 
vorhanden sind. Es konnten zum Beispiel nur Bären mit einer Vor- 
liebe für Honig entstehen, soweit Honig in der Natur vorkommt. 
Allgemein gesehen: Es konnten sich nur Lebewesen mit den höhe¬ 
ren Funktionen der Orientierung herausbilden, sofern es eine 
Umwelt gibt, deren Differenziertheit einen Gegenstand für die 
Orientierung darstellt. 
Insofern stellen alle Stoffwechsel- und Orientierungsfunktio- 
nen auch eine Widerspiegelung der sie umgebenden Realität dar.
	        
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