Full text: Hoebig, Wolfgang: Bedürftigkeit

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"Im planmäßigen Zusammenwirken mit andern streift der Arbei- 
ter seine individuellen Schranken ab und entwickelt sein Gat- 
tungsvermögen." (Marx, Kapital I, S. 349) 
Und in der Bearbeitung der Natur machen sich die gesellschaft- 
lichen Menschen die Natur zu ihrem Gegenstand, an dem sie sich 
als tätige und verändernde Menschen, als Subjekte bewähren und 
erfahren. 
"Der Mensch ist ein Gattungswesen, nicht nur indem er praktisch 
und theoretisch die Gattung, sowohl seine eigne als die der üb¬ 
rigen Dinge, zu seinem Gegenstand macht, sondern - und dies ist 
- 
nur ein andrer Ausdruck für dieselbe Sache 
sondern auch in¬ 
dem er sich zu sich selbst als der gegenwärtigen, lebendigen 
Gattung verhält, indem er sich zu sich als einem universellen, 
darum freien Wesen verhält." (MEW, Egb. I, S. 515) 
"Das produktive Leben ist aber das Gattungsleben. Es ist das Le¬ 
ben erzeugende Leben. In der Art der Lebenstätigkeit liegt der 
ganze Charakter einer species, ihr Gattungscharakter, und die 
freie bewußte Tätigkeit ist der Gattungscharakter des Menschen. 
Das Leben selbst erscheint nur als Lebensmittel. 
Das Tier ist unmittelbar eins mit seiner Lebenstätigkeit. Es 
unterscheidet sich nicht von ihr. Es ist sie. Der Mensch macht 
seine Lebenstätigkeit selbst zum Gegenstand seines Wollens und 
seines Bewußtseins. Er hat bewußte Lebenstätigkeit. Es ist nicht 
eine Bestimmtheit, mit der er unmittelbar zusammenfließt. Die 
bewußte Lebenstätigkeit unterscheidet den Menschen unmittelbar 
von der tierischen Lebenstätigkeit. Eben nur dadurch ist er ein 
Gattungswesen. Oder er ist nur ein bewußtes Wesen, d.h., sein 
eignes Leben ist ihm Gegenstand, eben weil er ein Gattungswesen 
ist. Nur darum ist seine Tätigkeit freie Tätigkeit. Die entfrem- 
dete Arbeit kehrt das Verhältnis dahin um, daß der Mensch eben, 
weil er ein bewußtes Wesen ist, seine Lebenstätigkeit, sein We¬ 
sen nur zu einem Mittel für seine Existenz macht. 
Das praktische Erzeugen einer gegenständlichen Welt, die Bear- 
beitung der unorganischen Natur ist die Bewährung des Menschen 
als eines bewußten Gattungswesens, d.h. eines Wesens, das sich 
zu der Gattung als seinem eignen Wesen oder zu sich als Gat¬ 
tungswesen verhält. Zwar produziert auch das Tier. Es baut sich 
ein Nest, Wohnungen, wie die Biene, Biber, Ameise etc. Allein 
es produziert nur, was es unmittelbar für sich oder sein Junges 
bedarf; es produziert einseitig, während der Mensch universell 
produziert; es produziert nur unter der Herrschaft des unmittel¬ 
baren physischen Bedürfnisses, während der Mensch selbst frei 
vom physischen Bedürfnis produziert und erst wahrhaft produziert 
in der Freiheit von demselben; es produziert nur sich selbst, 
während der Mensch die ganze Natur reproduziert; sein Produkt 
gehört unmittelbar zu seinem physischen Leib, während der Mensch 
frei seinem Produkt gegenübertritt. Das Tier formiert nur nach
	        
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