Full text: Hoebig, Wolfgang: Bedürftigkeit

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solch eine Entlastung von individuellem Bedürfnisdruck, Not- 
durft, daß arbeitsteilige Kooperation und vorbereitende und 
vorsorgende Arbeit möglich wird. 
Die Trennung - Äußerlichkeit - in der Arbeitsteilung voraus- 
— 
setzen und erst im nachhinein die Verbindung konstruieren 
wie Leontjew verfährt, wenn er das Individuum nach getaner 
Arbeit einen Teil des Produkts von anderen Kollektivmitglie- 
dern erhalten läßt -, bedeutet nichts anderes als die Trennung 
von Individuum und Gesellschaft, die Trennung von Bedürfnis 
und Bedürfnisgegenstand und entsprechenden Triebaufschub durch 
gesellschaftliche Arbeit, was jeweils erst im nachhinein wieder 
durch die gesellschaftliche Verteilung der Güter relativiert 
wird. 
Auch die Auffassung über die Entwicklung der sexuellen Bezie- 
hungen spiegelt Leontjews Theorie des Triebverzichts wider: 
"Zu Beginn der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft wa¬ 
ren zum Beispiel die Geschlechtsbeziehungen durch nichts ein¬ 
geschränkt, sie lagen im Bereich rein instinktiver Beziehungen. 
Allmählich wurden die möglichen Geschlechtsbeziehungen durch 
die Ehegemeinschaft eingeengt. Dazu mußten sie aber in den Be¬ 
reich der bewußtgewordenen Beziehungen eingegangen sein. Die 
Tatsache, daß manche von ihnen verboten waren, setzt das be¬ 
wußte Erfassen verwandtschaftlicher Beziehungen voraus. 
(Leontjew 1973, S. 
230) 
Abgesehen von den durchaus zweifelhaften Tatsachenbehauptun¬ 
gen, liegt hier eine merkwürdige Logik vor: Rein instinktive 
Geschlechtsbeziehungen waren nach seiner Auffassung durch 
nichts eingeschränkt, obwohl er doch an anderer Stelle er- 
klärt, daß die Entstehung von Arbeitsteilung eine primitive 
Hierarchie zur Voraussetzung hatte; diese Hierarchie müßte 
also die Geschlechtsbeziehungen nicht berührt haben, obwohl 
doch gerade bei Affen, die er im Zusammenhang mit der Hierar¬ 
chie erwähnt, jede auftretende Hierarchie sich ganz massiv 
beschränkend auf die Geschlechtsbeziehungen auswirkt. Darüber 
hinaus ermöglicht nach seinen Ausführungen die Entwicklung des 
gesellschaftlichen - Bewußtseins nicht die Entfaltung der
	        
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