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umfassendere Mittel zu Gebot, denselben auf einen würdigen
Standpunkt zu erheben und darauf zu erhalten.
Aber auch der Staat und die Kirche sollten keine Erziehungshäu¬
ser im Verbande mit dem Unterrichte unterhalten. Der Staat hat,
wie wir in der I. Abhandlung zu zeigen versuchten, zwar über
die Erziehung im engern Sinne zu wachen und sie zu fördern,
aber das ganze Geschäft derselben nur im Nothfalle zu überneh¬
men, wo nämlich die Erzieher an Ausübung ihrer Pflichten ge¬
hindert oder nicht dazu fähig sind. In Württemberg ließ man
die Klosterschulen der evangelischen Confession unter dem Namen
Niedere Seminarien
im vermeintlichen Interesse der Kirche fortbestehen. Sie bezwecken,
Jünglinge vom 14—18. J. zu einem bestimmten Beruf zu bil¬
den, zu einem Berufe, welcher angeblich eine sorgfältigere Erzie¬
hung erheischt. Können sie eine solche wirklich geben, eine bessere,
als die außer ihnen, als die Erziehung in der Familie ist, so
müßte man ja wünschen, daß nicht die künftigen Theologen allein,
sondern die gesammte Jugend, die sich dem höhern Studium wid¬
men will, diese bessere Erziehung genieße. Gewähren sie aber
diese nicht, so sind sie schon darum verwerflich, weil sie ihren
Zöglingen den Dünkel einpflanzen, daß sie, die einer auszeichnen¬
den Erziehung genießen, die Auserwählten des Volkes seien.
Noch mehr aber sind sie darum verwerflich, weil sie auch dem
Unterrichte das Gepräge der Einseitigkeit aufdrücken, ein Ge¬
prage, das der Gymnasialunterricht so wenig haben soll, als der
Fundamentalunterricht. Aber sie haben noch mehr gegen sich; sie
laufen, wie alle Klöster und klosterartige Institute, beständig Ge¬
fahr, daß ein vergiftendes, verheerendes Unkraut in ihrem In¬
nern aufwuchere. — Seit Jahren war die Behörde bemüht, Ue¬
belständen abzuhelfen. Trotz manchfacher Verbesserungen hat doch
die dermalige Einrichtung noch viel gegen sich. Und wenn endlich
an den Instituten selbst nichts mehr zu verbessern übrig bleibt,
so sind es gerade diese Institute noch immer, welche das
Schüler und Lehrer verkrüppelnde — Landeramen aufrecht erhal¬
ten. Klosterschulen gehören einer längst vergangenen Zeit an;
die Einrichtungen derselben passen nicht mehr auf die unserige;
Erörterungen.
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung