Full text: Zur Geschichte des aufgelös'ten Königlichen evangelischen Schullehrer-Seminars zu Breslau - Eine Beleuchtung und Widerlegung der im Evangelischen Kirchen- und Schulblatt von Dr. Gaupp und Dr. Ruthardt gegen mich gerichteten Angriffe (2,2)

Planck-Institut für Bi 
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schen Bestrebungen der Freunde des mittelalterlichen Christen¬ 
thums die Ursachen des überhand genommenen unchristlichen Un¬ 
friedens unter und zwischen den Anhängern der Religion der Liebe, 
des Glaubens und der Hoffnung sind. — 
Man wird ferner zuge¬ 
ben, daß die Zöglinge eines Seminars mit dem Inhalt der 
Bibel eine tausend Mal größere Bekanntschaft und Vertrautheit 
besitzen als mit jeder andern Schrift, sie heiße wie sie wolle, und 
namentlich mit der Schullehrer=Zeitung, von der es erwiesen ist, 
daß die meisten von dem Inhalt derselben eine kaum oberflächliche 
Kenntniß genommen haben. Nun enthält die Bibel, was auch 
die Gegner nicht bestreiten werden, eine nicht geringe Anzahl Stel¬ 
len, die zur Rechtfertigung verwerfllicher Zwecke herangezogen 
werden können. Wenn z. B. ein Seminar=Zögling, der im Briefe 
Pauli an die Thessalonicher die Stelle: „Den Geist dámpfet nicht,“ 
gelesen hat, findet, daß sein Religionslehrer es bei seinem Unter¬ 
richt im Christenthum darauf anlegt, den Geist zu dämpfen, also 
die freie Entwickelung zu unterdrücken und jede Diskussion über 
schwer verständliche Dogmen zurückweis't — wenn, meine ich, der 
Seminarist sich auf diese Stelle stützend, in zweifelhaften Fällen 
mit jener Bibelstelle seinem Lehrer entgegen tritt und die Rechte 
des denkenden Geistes gegen den Geistesdruck und Gewissens¬ 
nicht wahr, man würde die subjek¬ 
— 
zwang wahrnimmt 
tive Anwendung jener Stelle nicht der Bibel zum Vorwurfe ma¬ 
chen, wenngleich man ein solches Auftreten des Zöglings als eine 
Opposition betrachten dürfte. Gleicherweise verhält es sich unter 
vielen andern Stellen mit dem Bibelspruche: „Man muß Gott 
mehr gehorchen als den Menschen“ den man für seine besondern 
Zwecke so interpretiren könnte: „In Sachen der Ueberzeugung 
muß man Gott, d. h. der göttlichen Vernunft mehr gehorchen als 
den menschlichen Satzungen der mittelalterlichen Dogmatiker. 
Noch ist aber Niemand eingefallen, deshalb die ganze Bibel als 
ein gefährliches Buch anzuklagen und für ein unstatthafte Gesin¬ 
nungen erzeugendes und verbreitendes Buch zu erklären. 
Man trete mir hier nicht mit dem Vorwurf der Anmaßlich¬ 
keit, als wollte ich eine unbedeutende pädagogische Zeitschrift wie 
die Schullehrer=Zeitung der erhabenen Würde der Bibel gleichstel¬ 
len, entgegen; ich will damit nur daran erinnern, daß wenn selbst 
der Geist einzelner gefährlicher Sprüche des überaus wirkungs¬ 
vollen Bibelwortes keine widerwärtige Gesinnung bei den Semi¬ 
naristen hervorgebracht hat dieß erst gar nicht von der flüchtigen 
Lektüre einer andern Schrift und namentlich der Schullehrer=Zei¬ 
tung zu fürchten ist. 
Folgende Vorhaltung des Hrn. Dr. R. mögen Schulmänner 
gewissen Schlages zu Herzen nehmen; mich soll sie treffen, aber 
sie trifft mich nicht: 
„Was konnte rc. Scholz einem Zöglinge erwidern, der zur
	        
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