Full text: Zur Geschichte des aufgelös'ten Königlichen evangelischen Schullehrer-Seminars zu Breslau - Eine nothgedrungene Abwehr der in einigen Zeitschriften gegen die Anstalt erhobenen Anklagen und Beschuldigungen ([1])

-Planck-Institut 
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Treuen. Die ältesten und jüngsten meiner Zöglinge fordere ich zu 
Zeugen, zu Richtern meines Strebens, meiner Denk= und Hand 
lungsweise auf. 
Mein Motto war: „Des Lehrers gerechteste Richter 
sind seine eignen Schüler.“ Dieses Motto begleitete mich in 
jede Lehrstunde; es war mein Revisor, mein wachsamer Revisor. 
Tretet heran, geliebte ehemalige Zöglinge, jetzige Freunde und 
Mitarbeiter im Tempel der Jugendbildung! Schaart Euch im 
Geiste um mich, Euern ehemaligen Lehrer, Euern Freund, Euern 
Standesgenossen, Euern Mitkämpfer für Eure Interessen! Denkt 
an die schönen Stunden, in denen mir die Freude zu Theil wurde, 
an der Entwickelung Eurer Geisteskräfte, an der Veredlung Eurer 
Gesinnung, an der Begeisterung für Euren Beruf, an der Tüch 
tigung für Euer Amt ein Scherflein beizutragen! Waren es nicht 
schöne Stunden? Stunden geistigen Turnens, der Geisteszucht 
und der Geisteserholung! Stunden gemüthlichen Frohsinns, 
herzstärkender Heiterkeit, wohlgesinnter Vertraulichkeit, gradsinni 
ger Offenheit! Das Motto: immer frisch und frei, dabei fromm 
und froh, — es ward unter uns eine Wahrheit. — Wie gern 
wohnte ich in den Uebungsschulen Euerm Unterrichte bei! Mit 
entzückender Freude verließ ich das Lehrzimmer, wenn ich bei Ei 
nem oder dem Andern die richtige Auffassung des Unterrichtsstoffes, 
die sorgfältige Beachtung gegebener methodischer Winke und 
eine eigenthumliche von selbstständigem Denken zeugende 
Ausfuhrung wahrnahm. Ihr habt mir das wol angesehen und 
oft genug gehört, wie verhasst mir ein affenmäßiges Nach 
ahmen dieser oder jener Eigenthümlichkeit eines Lehrers war. Ich 
wollte es nie, daß man Einen von Euch meinen Nachtreter nenne; 
aber ich sahe es gerne, wenn Euer Geist mit meinem Geiste 
harmonirte, selbst wenn die Form mit der meinigen nicht überein 
einstimmte. — Ich wurde unter Euch älter an Jahren, aber jün 
ger am Geist, frischer im Herzen, fröhlicher im Gemuth. Gro 
ßer Segen. — Vielleicht sind unter Euch nicht wenige, die auch von 
mir ernste, bittere Worte entgegen nehmen mussten. Ich habe der 
Trägen nicht geschont, und für Schlechtgesinnte nie das Wort genom 
men; aber ich habe niemals unterlassen Wankende zu ermahnen, 
Strauchelnde zu festigen, auf Abwege Gerathenen derb ins Gewissen 
zu reden, Entmuthigte zu ermuntern, Geängstigte zu beruhigen, 
Rathlose mit Rath und That zu unterstützen. — Ist's nicht so? 
Sollte dennoch Jemand Grund zu klagen über mich haben — hier 
ist meine Hand und mit ihr die Versicherung, daß ich Keinem einen 
Stachel ins Herz legen wollte. — Mit wahrer Freude denke ich 
an die Abschiedsworte, die Ihr jedesmal in der letzten Lehrstunde 
durch einen Eurer Mitgenossen an mich richten ließet. Wie 
reich fühlte ich mich da! Gedenkt Ihr aber auch der Worte, die ich 
Euch mit auf den Weg gab? jener Worte, die Euch die gewissen=
	        
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