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beglückt hat und mir stets mit Humanität begegnet ist; mit Dank
gegen die Kollegen, mit denen ich 12 Jahre lang in Friede und
Eintracht und in gegenseitiger Ermunterung am Werk der Lehrer
bildung gearbeitet. —
Ich scheide in Hoffnung; in der Hoff
nung, daß Gott dem folgenreichen Ereigniß eine glückliche, die Leh
rerbildung fördernde Wendung geben werde; in der Hoffnung,
daß ans Licht kommen werde, was jetzt noch im Verborgenen liegt;
in der Hoffnung, daß der erwachte bessere Geist unter den Leh
rern sich immer mehr ausbreite, der Geist des zeitgemäßen Fort
schritts rege bleibe, die tüchtige Gesinnung immer tuchtiger werde,
und die Erkenntniß von einer wahrhaft christlichen und menschli
chen Volksbildung den ganzen Lehrstand durchdringe und beseele.
Ich scheide mit Wünschen; mit dem Wunsch; daß die Kö
nigliche Staatsbehörde in der Wahl solcher Männer, deren Hän
den Sie die Leitung einer Schullehrer=Bildungsanstalt anvertraut,
glücklich sei, glücklicher als in der Jüngstzeit *); mit dem
Wunsch, daß die Männer, welchen die Lehrerbildung in Semina
ren obliegt, Begeisterung für den Beruf in den jungen Männern
erwecken; mit dem Wunsch, daß der Geist der Seminaristen sich
als ein Geist wackern Strebens nach gründlichen Kennt
nissen und nach Denk=, Gesinnungs=, und Lehrtüch
tigkeit bekunde.
Ich scheide endlich mit Erinnerungen. Ich blicke
zurück. Vor mir liegt ein zwölfjähriger Abschnitt eines eigen
thümlichen Lehrerlebens. Herausgehoben aus dem Kreise
liebevoller Kinder, dankbarer Eltern, für die Schule eifrigst besorg
ter Männer trat ich hier (1834) ein. Mich begrüßten aber nicht
die günstigsten Verhältnisse. Es war eine Zeit schweren Kampfes.
Es galt die Einwurzelung eines auf gutem Boden gezogenen Bau
mes. Die Wurzeln suchten Wege in die Tiefe und hatten Steine
zu überwinden; die Aeste und Zweige breiteten sich nach verschie
denen Richtungen aus, um gleichsam Alle mit Vertrauen und Liebe
zu umfangen, und fanden in ungünstiger Witterung und in Stürmen
allerlei Hindernisse. Die Gesinnung siegte. — Ich habe still ge
geduldet, muthig gearbeitet, unverdrossen gewirkt, viel überwunden
und — reichlich geerntet. Ich wurde bald heimisch im neuen Lande.
Die Zöglinge näherten sich mir mit Vertrauen, gewannen mein
Vertrauen und schieden von mir mit Liebe. Es ist nicht täuschen
der Ruhm, nicht eitle Prahlerei, was ich hier an der Grenze eines
wichtigen Lebensabschnittes öffentlich ausspreche. Aber es ist
Stolz, Stolz auf die durchlebte Zeit, Stolz auf die Liebe meiner
*) Ein Seminar-Direktor — der es aber nicht mehr ist — äußerte ein
mal in einer Unterredung: „Ein Seminar=Direktor muß ein Mann sein,
welcher dem Staate einen größeren Dienst erweiset, als der Staat ihm.
Der Mann hatte Recht. Gilt das nicht von allen Beamteten?
Max-Planck-Institut