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ein unüberwindlicher Thurm. Wir sind von allen
Seiten von Feinden des Heils umgeben, darum
bedürfen wir vieler und starker Waffen zu unserer
Vertheidigung. Hören wir, was Augustinus schreibt:
„Es ist für dich, o jungfräuliche Seele, von unend¬
lichem Vortheil, in deinem Herzen die Furcht des
Herrn zu nähren. Zwar sagt man, daß die Liebe
zu Gott alle Furcht verbannt, ja, aber nur die
Furcht vor den Menschen, nicht die Furcht Gottes;
wer Gott liebt, der fürchtet kein irdisches Uebel
mehr, wohl aber fürchtet er das Gericht Gottes!
Hüte dich vor jedem stolzen, anmaßenden Gedanken!
. Liebe Gottes Güte, aber fürchte seine Gerech¬
tigkeit, dann wird der Stolz sich nicht in dein Herz
einschleichen."
Vielleicht lebst du mit Solchen, die Gott ohne
Furcht beleidigen, weil sie vorgeblich sich auf seine
Barmherzigkeit und Güte stützen. Oder vielleicht
wird eine verdorbene Seele mit schnödem Mißbrauch
dich zum Bösen verführen wollen, indem sie dir
von Gottes Barmherzigkeit spricht, ach! um deiner
eignen Seele willen, achte nicht auf sie, sondern
bedenke es wohl, wenn Gottes Barmherzigkeit auch
unendlich, wenn seine Güte unerschöpflich ist, so ist
seine Gerechtigkeit doch furchtbar und das Loos der
Unseligen, die nach einer nicht gefühnten und bereuten
Todtsünde seinen rächenden Arme anheimfallen,
ist entsetzlich. Gott will nicht, daß ein einziges
seiner Kinder verloren gehe, denn er hat sein Blut
für Alle vergossen, sein Leben für Alle dahingegeben;
aber er hat uns erschaffen, damit wir ihm dienen,
und die Hölle ist für die bestimmt, die ihn schwer
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Digitalisierungsvorlage:
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
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