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Meinung aufopfern. Was ist billiger als das? Gott
hat uns erschaffen, folglich sind wir sein Eigenthum
und seine Diener; er hat ein Recht auf Alles, was
wir haben und was wir sind, auf unsere Hand¬
lungen, Worte, Gedanken, Regungen und Neigun¬
gen; und zwar ist dieß nicht nur an gewissen Tagen
und Stunden unseres Lebens der Fall, sondern
immer und überall. Jede Stunde, jede Secunde
unseres Lebens muß ihm angehören und zu seiner
Ehre verwendet werden, so daß wir jedes über¬
natürlichen Verdienstes verlustig gehen, wenn wir
unsere Handlungen nur aus Stolz oder aus Liebe
zu den Geschöpfen verrichten, ohne dabei Gottes im
Glauben zu gedenken. Wie wir dem Arbeiter, der
für uns nicht arbeitet, keinen Lohn schulden, so
auch schuldet Gott uns nicht den Lohn des Him¬
mels, wenn wir auch die größten und besten Werke
verrichten, sie aber ihm nicht weihen durch einen
höheren Beweggrund. Gewöhne dir also an, liebe
Leserin, gleich beim Erwachen Gott, dem Herrn,
Alles aufzuopfern, was du den Tag über thun
wirst; richte gleich am frühen Morgen dein Herz
zu Gott empor, zu deinem himmlischen Vater und
sprich mit lebendigem Glauben: „Herr, ich opfere
dir alle Handlungen dieses Tages, Alles geschehe zu
deiner Ehre." — Kraft dieses am Morgen Gott
dargebrachten Opfers werden nicht nur deine Gebete
und guten Werke, sondern selbst die unbedeutendsten
Handlungen, sogar deine Mahlzeiten, deine Er¬
holungszeit und der Schlaf verdienstlich für dich,
und werden eine Art Gebet, so lange du nach dem
Augenblicke deiner Aufopferung in keine schwere
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