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Die herrlichen Stellen aus den Werken der Kir¬
chenväter, und die Beispiele, welche wir soeben
angeführt haben, sind mehr als genügend, um unse¬
ren Leserinnen Liebe zum innerlichen Gebete, zur
Betrachtung einzuflößen. Alle Lehrer des geistigen
Lebens stimmen darin überein, daß die Betrachtung
eine der wichtigsten Uebungen des christlichen Lebens
ist, eines der wirksamsten Mittel, wodurch wir die
Sünden meiden und Tugenden erlangen können.
Mit voller Wahrheit kann man heut zu Tage sagen,
wie ehemals zu den Zeiten des Propheten: „Die
Welt ist in Elend versunken, weil Niemand mehr
nachdenkt." Du, liebe Leserin, bist vielleicht an einem
unglücklichen Tage, den du aus der Zahl deiner
Lebenstage austilgen möchtest, in eine schwere Sünde
gefallen; als du später über deinen Fall und dein
Unglück nachdachtest, hast du vielleicht, angetrieben
durch die Gnade Gottes, zu dir selbst gesagt: „Ach!
wenn ich den tiefen Abgrund, in den ich mich ge¬
stürzt habe, besser gekannt hätte, dann wäre ich
sorgsamer gewesen, so daß es dem Teufel nicht ge¬
lungen wäre, mich hinabzuziehen! Sieh, durch Nach¬
denken hast du sowohl Abscheu vor dem Bösen, als
auch den Entschluß die Sünde zu meiden, erlangt.
Wenn du hingegen nicht über dich nachdenkst, dann
wird deine, von irdischer Pracht geblendete und
getäuschte Seele, die Häßlichkeit der Sünde nicht
erkennen, und du wirst wiederum fallen. Also,
gedenke der letzten Dinge und du wirst
nicht sündigen.
Vielleicht lebst du in der Welt, und bist von
Gefahren umgeben. Was kann diese Gefahren be¬
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