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meine Seele hatten von Natur aus eine glückliche
Neigung zur Tugend, doch schon entdeckte man von
dieser guten Anlage keine Spur mehr; meine Freun¬
din und noch eine andere, nicht weniger leichtsinnig,
hatten meiner Seele schon einen Theil ihrer leicht¬
fertigen Gesinnungen eingeprägt ... So sah ich
denn leider wie die Gottesfurcht allmählig aus
meinem Herzen entschwand, und nur mehr die Furcht
etwas gegen die Ehre zu thun, zurückblieb." (Aus
dem von der Heiligen selbst geschriebenen Leben.)
Wenn die heil. Theresia es so schmerzlich beklagt,
in ihrer Jugend eine leichtsinnige Freundin getroffen
zu haben, und wenn ein Herz wie das ihre schon
Gefahren findet in den zwar noch unschuldigen,
aber doch leichtfertigen Beziehungen, wie sorgfältig
müssen dann wir erst die gefährlichen Gesellschaften
fliehen! „Die Zunge der Bösen, sagt die Schrift,
„ist scharf wie die der Schlange, und das Gift
der Natter ist auf ihren Lippen; ihre Reden tödten
Die, welche ihnen zuhören." Und Paulus schreibt:
„Hütet euch vor der Verführung, schlechte Reden
versetzen der Unschuld einen tödtlichen Schlag."
Das Beispiel lasterhafter oder leichtfertiger Gefährten
ist wie ein spitziger Pfeil, der bis in das Innerste
des Herzens eindringt. Deßhalb waren auch die
Lehrer der Kirche sehr darauf bedacht, die ihrer
Leitung anvertrauten Seelen vor dieser gefährlichen
Klippe zu warnen.
So schreibt z. B. der heil. Augustin: „Fliehet,
o ihr christlichen Jungfrauen, die Gesellschaft und
die Reden einer Frau, deren Lehren nicht mit dem
Evangelium übereinstimmen, deren Leben nicht tadel¬
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