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würde mehr als genügen was ich über die Bewachung
der Jugend sagte. Weil aber Mißbräuche, Unsitten ein¬
geschlichen, welche das Recht der Sitten und Gebräuche
sich anmaßen, muß ich noch mehr in das Einzelne ein¬
gehen.
Zu diesen Unsitten rechne ich die sogenannten Bekannt¬
schaften, welche vor der Ehe eine so große und nur zu
oft für Zeit und Ewigkeit eine so unglückliche Rolle spielen.
Damit nun die Jugend vor vielgestaltigem Elende bewahrt
bleibe, muß die Bekanntschaft eine heilige Familiensache
sein.
Was ist denn eine Bekanntschaft? Da sind manche
mit der Antwort bald fertig: „Bekanntschaft ist ein Ver¬
hältniß zweier Personen verschiedenen Geschlechts, die sich
lieben, miteinander Ausflüge machen, zum Tanze gehen,
Abends spät heimkommen, einen großen Theil der Nacht
allein bei einander sind." Mag sein, aber diese können
nicht Ehrensache der Familie werden, sondern nur ihre
Schmach und Schande. Das sind nämlich nur nächste
Gelegenheiten zur Sünde.
Aber, denkst du vielleicht, das ist nun einmal vielfach
Sitte und Gewohnheit; desto beklagenswerther ist das, sag
ich mit dem hl. Chrysostomus (Homilia 12, No. 6, in
I. Cor.), weil es der Teufel zur Gewohnheit gemacht.
„Weil nämlich die Ehe eine heilige Sache, ein Glück für
unsere Gesellschaft, ein Rettungsmittel gegen die Unzucht,
führt er in anderer Weise jegliche Unzucht wieder ein.
Von was redet der hl. Chrysostomus? Von einer Un¬
sitte, welche damals die Hochzeitsfeier begleitete, und nur
einen Abend und eine Nacht dauerte. Was erst
würde er von diesem Herumtreiben junger Leute sagen,
welche nicht nur einen Abend und eine Nacht so allein
beisammen sind, sondern hundert und abermal hundert?
Würde er nicht voll Schmerz und Trauer, voll Unwille
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Hug, christl. Familie.
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Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
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