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geheimnißvollste Lebensbund keinen Beständ, sondern eilt
mit jedem Augenblicke seiner Auflösung entgegen. Oder
was verkünden all diese Lichtlein? Das ewige Licht
leuchte ihnen. Wem? Meinem Gatten, meinen Eltern,
meinem Sohne, meiner Tochter. Was verkündet dies
Trauergewand? Dies nasse Auge? Dies Gebet? Der
Schmuck der Gräber? Die Auflösung der Familie durch
den Tod! Was ruft euch der Friedhof voller Grabhügel
zu? Dies Alles ruft mit dem hl. Paulus: „Das je¬
doch, Brüder, sag' ich, die Zeit ist kurz. Mitten im
Leben sind wir vom Tode umgeben.
Damit ihr nun Alle täglich an diese Wahrheiten er¬
innert werdet, will ich sie mit einem Gegenstande ver¬
binden, welcher so oft der Jugend als reinstes Glück in
trügerischer Ferne erscheint, auf den Eltern aber ebenso
oft als schweres Kreuz lastet. Und das wäre? Die
Ehe. Das nun mag euch auffallend erscheinen. Denn
wer steht dem Tode ferner, als die Jungfrau im Braut¬
schmuck? Was hat der Bräutigam mit der Todtenfahne
zu thun? Wie stimmt das Hochzeitslied zum «Requiem
æternam»? Der Tod, voll Schrecken, voll Trauer, voll
Kälte, wie paßt er zum Feuer, zur Freude, zum Jubel,
der Brautleute? Und doch — ist da die innigste Ver¬
bindung und Verwandtschaft, denn: 1. erinnert die Ehe
an den Tod; 2. der Tod aber mahnt, die Ehe heilig zu
halten.
Die Ehe erinnert an den Tod. Denn schon der
Völkerlehrer mahut die Gläubigen: „Das jedoch sag' ich,
Brüder, die Zeit ist kurz; es erübriget nur, daß die,
welche Weiber haben, seien, als hätten sie keine." So
verbindet er die Ehe mit dem Tod. Diese Verbindung
nun schwebe euch täglich vor Augen. Denn was soll die
Ehe sein? Ein Abbild der Vereinigung Christi mit
seiner Kirche. Diese Form der Vermählung aber bleibt
Dotalsjerungsvorage
E
Erzbischöfliche Diözesan¬
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
und Dombibliothe
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