— 338 —
geben. Als die Jünger die Parabel nicht recht ver¬
standen hatten, baten sie den Heiland um die Erklärung,
und er gab ihnen sogleich die gewünschte Auskunft. Wenn
die andern Zuhörer den gleichen guten Willen gehabt
hätten, würden auch sie gefragt und weitere Belehrung
erhalten haben; weil sie aber mit offenen Augen nicht
sehen wollten, so konnten sie auch aus eigener Schuld
das Geheimniß vom Reiche Gottes nicht verstehen. Fraget
Gott den Herrn auch um euern Stand und Beruf, und
er wird euch Auskunft geben. Niemand darf erwarten,
auf ganz außerordentliche Weise berufen zu werden wie z. B.
die Apostel oder andere große Heilige; das sind Gnaden¬
wunder, worauf niemand Anspruch hat. Dagegen er¬
leuchtet Gott einen Jeden mit seiner Gnade, giebt ihm
gute Rathgeber an die Hand, fügt die äußern Umstände
oft derart, daß man wie an der Hand des hl. Schutz¬
engels in seinen gottgewollten Stand hineingeführt wird.
Da nun kommt die Frage, was wir zu thun haben, um
dieser Leitung und Führung Gottes theilhaftig zu werden.
Je reiner das Fenster, desto leichter dringt der
Sonnenstrahl in das Zimmer, je trüber dasselbe, desto
dunkler die Wohnung. Die Seele ist wie ein Glas, wie
ein Spiegel, wodurch der Strahl göttlicher Gnade dringt.
Daher sollet ihr besonders zur Zeit der Standeswahl
die Seele ganz rein erhalten; daher ist dann, wenn nicht
allen, doch den meisten eine gute Generalbeicht sehr anzu¬
rathen. Oder, christliche Jugend, glaubst du, Gott werde
auch einem sündenbefleckten Herzen sich mittheilen? Diese
Wahrheit habet ihr euch um so tiefer einzuprägen, als
die Standeswahl gewöhnlich in jene Zeit fällt, wo die
Leidenschaften das junge Leben am heftigsten erschüttern
und bewegen. Wenn dann so junge Leute vom Kleide
der Unschuld kaum mehr einen Fetzen haben und keine
Neue darüber empfinden, wenn sie nur von Hoffart,
Digitalisierungsvorlage:
E
JErzbis
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
N
1k.