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eine Kleinigkeit, wenn die Eltern ihre Kinder der Sünde
wegen nicht mehr züchtigen? Höret nur, was schon in
alter Zeit jener große hl. Chrysostomus mit der ihm
eigenthümlichen Gewalt den Eltern ans Herz legte. (Hom.
in Viduæ elig. t. III, p. 311 n. 7.) „Gott befiehl dir, nicht
bloß deine Kinder zu erziehen und zu züchtigen, sondern er
hilft dir sogar bei diesem Werke. Wie? Durch Moses
verkündet er: „Wer seinem Vater oder seiner Mutter flucht,
soll sterben." (Exod. XXI 17.) Siehe, welche Furcht er
ihnen einjagt, welche Schrecken er ihnen vor Augen stellt!
Welche gewaltige Macht er in deine Hand legt!. Wenn
nun wir, während Gott nicht einmal das Leben jener
Kinder, welche die Ehrfurcht gegen die Eltern schwer ver¬
letzten, verschont, wenn nun wir, während Gott von unsern
Kindern schwer beleidigt wird, nicht einmal zürnen —
welche Entschuldigung können wir vorbringen? „Den,
der dich übermüthigt behandelt, zu töten, weigere ich mich
nicht," spricht Gott der Herr, „du aber wagst den, der
meine Gesetze frech übertritt, nicht einmal mit einem Worte
zu betrüben." Verdient das auch Verzeihung? Bedenke
doch, daß, wer gegen Gott sich auflehnt, noch weit mehr
gegen die Eltern, gegen sein eigenes Seelenheil freveln
will." So der hl. Chrysostomus. Nicht wahr, das ist
doch etwas ganz Anderes, als die rein bürgerliche Moral
von heute? Als Gefühlsduselei?
Sünden also habet ihr an euern Kindern zu bestrafen
und wenn ihr das unterlasset oder nicht auf die rechte
Weise thuet, so könnet ihr euch an euern Kindern und
gegen Gott schwer versündigen. Vergesset daher nie die
Mahnung des hl. Geistes: „Wer seinen Sohn lieb hat,
hält in beständig unter der Ruthe, daß er zuletzt Freude
an ihm erlebe, und nicht an die Thüre der Nachbarn
klopfen muß." (Sirach XXX.)
Die Wiege ruft der Ruthe, doch schlagen sollet ihr
Digitalisjerungsvorlage:
Erzbischöfliche Diözesan
(-Planck-Institut für Bildungsforschung
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