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Mit was wollet ihr euch da noch länger ausreden:
Willst du etwa sagen: „Diese und jene gehen auch ins
Wirthshaus, kehren auch spät in der Nacht heim, besuchen
auch keine Christenlehre — und fragen dabei den Eltern
nichts darnach; diese und jene haben auch ihre Kleider
und Tänze und Feste und Bekanntschaften und fragen da¬
bei ihren Eltern auch nichts darnach." Verblendete
Jugend! Gott gibt dir seinen eingebornen Sohn zum
Vorbilde und du wagst deinem Schöpfer und Herrn und
Richter zu antworten: „Diesen will ich nicht zum Vorbilde:
ich richte mein Leben ein wie jener unbändige Bursche,
wie dies freche Mädchen." Nicht wahr, für Heiden wäre
eine solche Sprache wüst und sündhaft — aber im Munde
der christlichen Jngend! Ist sie da nicht eine Art Gottes¬
lästerung?
Aber ich rede ja nicht so! Das fehlte noch. Aber
handelst du nicht so? Arme Jugend! So folgt Sturz
über Sturz von Abgrund zu Abgrund.
Oder wollet ihr euch noch länger mit dem Opfer
des Gehorsams entschuldigen? Müsset ihr etwa die
Herrlichkeit Jernsalems verlassen und vielleicht in einem
verächtlichen Städtchen wohnen? Und wenn auch, der
Sohn Gottes ist vorausgegangen.
Wenn der reichste Jüngling in einer armseligen
Werkstatt mühevoll zu arbeiten und die vornehmste Tochter
in der Küche die gemeinsten Arbeiten zu verrichten hätte,
dürfet ihr klagen, oder den Gehorsam aufkünden? Als
armer Zimmermann arbeitet der Sohn Gottes aus Gehor¬
sam! Aber ich bin schon bald zwanzig Jahre alt. Bist
du? Also gerade alt genug, um so recht zu verstehen,
daß du noch lange gehorsam sein sollst. Aber ist es
denn keine Schande, wenn so große Kinder noch gehorsam
sind? Wo Gott voransgeht, ist das Nachfolgen der höchste
Ruhm. Man wird mich auslachen. Wer? Leute, welche
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Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
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Digitalisierungsvortage.
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