Full text: Hammer, Philipp: ¬Der christliche Vater in seinem Berufe

113 - 
überziehen, aufstehen und lebendig werden vor den 
Augen und Ohren der gespannten Schüler und Zuhörer: 
statt aus dem Leben der Heiligen, der Welt- und 
Kirchengeschichte, der eigenen Erfahrung durch lebens¬ 
frische Beispiele und Bilder nachzuweisen, wie die 
Glaubenslehren sich inkarnieren lassen, wie sie die Ge¬ 
stalt guter Werke annehmen, wie sie mit der Seele als 
tröstende Begleiter durchs Leben bis vor den Richter¬ 
stuhl Gottes ziehen, um sich, wie man zu sagen pflegt, 
für sie ins Gewicht zu legen; statt durch die Kraft und 
Wärme des Unterrichtes die Schüler dahin zu bringen, 
daß sie dem Christentum in der Seele und im Leben 
zur That verhelfen und ihm mit der Gnade Gottes 
Beistand und Hilfe leisten, donec formetur Christus, 
bis Christus in ihnen geboren wird und Gestalt an¬ 
nimmt — ist es nur allzu oft jene herzlose, mehr oder 
weniger wichtigthuende Manier, in möglichst gelehrten 
Redewendungen und allerlei Fremdwörtern den Reli¬ 
gionsunterricht — ungenießbar zu machen; das 
ist aber eine Manier, die nicht bloß den Religions¬ 
lehrer, sondern, was unsäglich beklagenswerter ist, die 
Religion selbst bei der Jugend um allen Kredit bringt. 
Denn jungen Leuten, wie sie z. B. Gymnasien besuchen, 
ist nichts so widerwärtig und verleidet, als ein Unter¬ 
richt, mag es auch der Unterricht in der Religion sein, 
der ohne Kraft, ohne Salbung und Weihe, ohne Be¬ 
geisterung und Leben, seicht und fade erteilt wird. 
Jünglinge in solchem Alter sind bereits von allen 
Seiten mit Gefahren und bösen Beispielen umgeben: 
im Innern wachen alle Leidenschaften auf, die Zweifel 
dringen ein, die Versuchungen stellen andauernd nach. 
Dazu lesen sie die Sinnlichkeit und Weltlust unter allen 
Formen, in Poesie und Prosa, in epischen, dramatischen 
und lyrischen Musterstücken, in Romanen und Geschichts¬ 
büchern, und hängen mit einer gewissen Lust und Vor¬ 
Digitalisierungsvorlage: 
Max Planck institute for kluman Developme
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer