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ist, an, alle Aerzte nimmt sie in Anspruch. Und
die so viel schlimmern Fehler an der Seele sollte
ermahne, rüge, strafe — immer von Neuem nach Maß
der Heftigkeit des Fehlers. Ruhe nicht, bis es dir
mit Gottes Hülfe gelungen. — Freilich, wenn du
selbst an diesem Fehler littest, wenn das Kind, das
zum Zorne geneigt ist, vielleicht nur zu oft deine
Zornausbrüche wahrnehmen oder gar an sich erfahren
muß, wie soll dann ihm Hülfe von dir werden? Ach
du stößest es in seinen Fehlern nur tiefer hinein,
festigst es darin. Wehe!
Vielleicht hängt mit dem letzten Fehler ein anderer
zusammen — ein gewisses liebloses, selbstsüch¬
tiges Wesen. Dasselbe tritt zu Tage den Geschwistern
gegenüber: das Kind ist eigennützig, es gönnt den
Geschwistern nichts, es entzieht ihnen gern das Ihrige;
es ist ungefällig; es kränkt dieselben durch Wort und
That, kann sich mit ihnen nicht vertragen u. s. w.
Oder jenes verkehrte Wesen gibt sich kund andern
Kindern oder den Mitmenschen überhaupt gegenüber:
das Kind hat keinerlei Theilnahme für fremde Noth,
es gibt und hilft andern Kindern nicht, wo es kann,
es hadert und zankt leicht mit ihnen, schimpft sie aus,
entzweiet, rauft sich mit ihnen u. s. w. Lauter Aus¬
wüchse jener Selbstsucht und Lieblosigkeit der verderb¬
ten menschlichen Natur. Läßt man sie im Kinde ge¬
währen, tritt man nicht dagegen ein, so wächset in
ihm jener Egoismus heran, den man heut bei so
Vielen findet, und es bleibt ohne jene Tugend, welche
zur Grundverfassung des christlichen Lebens gehört,
ohne wahre Nächstenliebe. Wie viele Ursache, ihren
Mangel in der Welt zu beklagen! Und doch ilt man
ohne wahre Nächstenliebe kein rechter Christ ud hat
nicht die Hoffnung des Heiles. Der Grund dieser
traurigen Erscheinung liegt nur zu oft schon im Kin¬
desalter: die Mutter hat das Kind mit seinen manch¬
fachen Verstößen gegen die Liebe hingelassen und es
ist nicht an Liebe gewöhnt.
Digitalisierungsvorlage:
Erzbischöfliche Diözesa
Max Planck institute for liuman Developme
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