Besehreibung von Venedig.
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IV. Theil.
keit des Prokurator Calbo, der sich zu uusern Zeiten über
die menschliche Achtung zu erheben wusste, die einen so
schädlichen Missbrauch unterstützt. Die wahrhaftig re¬
publikanische Mässigung, von welcher er bei seiner Ein¬
führung das Beispiel gab, sollte durch ein heilsames Ge¬
setz in eine ausdrückliche und unnachlässige Pflicht ver¬
wandelt werden. Dadurch würde sich die Zahl der Be¬
werber vergrössern, die Möglichkeit, dem von der Wahl
unzertrennlichen Aufwand Genüge zu thun, allgemeiner
werden, und der grosse Rath würde mit Leichtigkeit aus
der grössern Anzahl der Bewerber von allen Klassen
eine bessere Wahl treffen können.
Der Missbrauch, durch welchen man zu verschiede¬
nen Zeiten eine grosse Anzahl Patrizier fürs Geld, und
zwar in weniger dringenden Fällen, als worin sich die Re¬
publik 1517 befand, wo man zum erstenmal seine Zu¬
flucht zu diesem Ausweg nahm, zu dieser erhabenen Wür¬
de erhoben hat, hat den Glanz derselben verdunkelt, und
die Achtung geschwächt. Alle diese Gründe vereinigen
sich, die Bewerbung um sie selten zu machen. Noch
seltener aber ist diese Würde eine Belohnung für ausge¬
zeichnete Dienste, oder ein augenblicklicher Trieb der
Erkenntlichkeit des grossen Raths. Denn seit vielen Jah¬
ren finden sich nur drei Beispiele von Wahlen, die durch
solche Beweggründe geleitet wurden, nemlich bei der
Wahl des Prokurator Calbo, des Georg Pisani, und
des Angiolo Emo. Dieser ist der einzige, der in die
erste jener zwei Klassen gehört. Denn seine Wahl er¬
folgte nicht auf einige vorhergegangene Reden oder Dekla¬
mationen im grossen Rathe; sondern in seiner Abwesenheit,
als er an der Spitze seines Geschwaders die Tuneser züch¬
tigte. Nach dieser sehr kleinen Anzahl von Ausnahmen
befindet sich die Prokuratorswürde ausschliessend bei einer
kleinen Anzahl reicher Familien, in denen sie zum Theil