Sechst. Kap.
Von den Censoren.
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ren Wichtigkeit keinen Aufschub litt, machte es noth¬
wendig, dass sie zum Theil andern Magistraturen zuge-
theilt wurden, andere aber sich zum Theil dieselben an¬
massten, wodurch das Ansehen der Prokuratoren in die¬
sem Bezug fast gänzlich verloren gieng. Denn was die
Testamente anbetrifft, kam es ganz an die Magistratur
Corte del Procurator, und in Ansehung der Appellationen
an den Magistrat der drei Auditoren delle Sentente, und
des Superior; und endlich eigneten sich andere Magistra¬
turen einen Theil desselben zu.
Indessen ist die Prokuratorwürde noch immer von
der gröfsten Bedeutung, und hat Vorrechte, welche zum
gemeinen Besten vieles beitragen könnten. Eines der vor¬
züglichsten ist, dass sie den Ernennungen durchs Scruti¬
nium nicht ausgesetzt, folglich sicher sind, auf keine
Weise voin Senat weder ausgeschlossen noch verhindert
werden zu können, ihre unternommenen Geschäfte zu
verfolgen und zu Ende zu bringen. Daneben schützt sie
auch die Erhabenheit ihrer Würde vor dem gewaltsamen
und unregelmässigen Verfahren der Staatsinquisitoren, ob¬
gleich das Beispiel des noch lebenden Prokurators, Georg
Pisani, der zweimal, und ohne alle Rechtsform auf Befehl
der Staatsinquisitoren aus dem Schofse seiner Familie ge¬
rissen und in eine Festung verwiesen wurde, wo er das
erstemal zehen Jahre lang eingesperrt blieb, nicht viel zu
Gunsten ihrer Unverletzlichkeit beweist. Die Errichtung
dieser Würde könnte der Republik sehr nützlich seyn,
wenn man bei Ertheilung derselben blos auf persönliches
Verdienst sehen wollte, und der Missbrauch für diejenigen,
die sie erhalten, nicht ein Ceremoniell von einem aus¬
schweifenden Aufwand eingeführt hätte, welcher das Be¬
werben um dieselbe jedem schlechterdings unmöglich
macht, der keine grossen Reichthümer besitzt. Denn
man siehet wenige Beispiele von der stoischen Standhaftig¬