Beschreibung von Venedig,
II. Theil.
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fand man auch immer mehr Natur als Manier, und bei
Pordenone hielten sich beide die Wage. Er starb 1540
in Genua.
Ein anderer Zögling von Giorgione, Sebastian von
Venedig, von dem Amte, das ihm Klemens VII. zu Rom
gab, Frate del Piombo genannt, verliess Venedig
bei Zeiten, und besuchte zu Rom die Schule des Michael
Angelo Buonarotti. Er hatte die ganze Stärke des vene¬
tianischen Kolorits dahin gebracht, welches den Michael
Angelo zu dem Plan veranlasste, durch ihn den grossen
Raphael zu verdunkeln. Auf sein Anrathen musste er
also Raphaels bewunderter Verklärung eine Erwekkung
des Lazarus entgegenstellen. Alléin, ob gleich Michael
Angelo selbst die Zeichnung dazu hergab, so blieb doch
Sebastians Vorstellung des herrlichen Kolorits ungeachtet,
so weit hinter Raphaels Meisterwerk, dass dieser nicht den
mindesten Anlass zur Eifersucht fand, sondern sich viel¬
mehr äufferte: es würde ihm keine Ehre machen, den
Sieg über einen zu erhalten, der nicht zeichnen könnte,
Frà Sebastiano erreichte auch wirklich nie seinen Zwek in
der Zeichnung, und verlohr zulezt selbst sein kräftiges
Kolorit. In Bildnissen war er glüklicher. Er verfertigte
ihrer eine grosse Anzahl, und erhielt sich dadurch bei
Ruhm und Ansehen bis an sein Ende, welches 1547 zu
Rom erfolgte, nachdem er 61 Jahre gelebt hatte.
Johann Nanni von Udine, ein anderer vor¬
züglicher Schüler des Giorgione, verlies Venedig sehr
frühe, und ward zu Rom durch sein vortreffliches Talent,
Landschaften, Blumen, Früchte, Vögel und allerlei Thiere
zu mahlen, Raphaels nüzlicher Gehülfe, da dieser in sei¬
nen Werken dergleichen Nebendinge selten selbst auszu¬
führen pflegte. So bediente er sich dieses Künstlers, um
seine so schön erfundene Verzierungen in den Logen des