Beschreibung von Venedig.
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II. Theil.
Buch einschreiben, welches der Republik allein, ohne
was von den verkauften Prokuratien erlösst wurde, mehr
als 12 Millionen Dukaten eintrug. Wie viele Auflagen
hätten da auf die Unterthanen umgelegt werden müssen,
um diese Summe von ihnen herauszupressen.
Ueberhaupt sind die öffentlichen Auflagen nach dem
Verhältniss anderer Länder bei wéitem nicht so stark und
drükkend, als sie den Unterthanen dieser Republik vor¬
kommen. Wenn sie so unerträglich wären, so würde
der Handel verfallen, und die Fabriken und Manufaktu¬
ren, die doch von Zeit zu Zeit immer blühender werden,
nothwendig ins Stokken gerathen müssen, wie bei ihren
Nachbarn, den Mailändern und Mantuanern, wo auf der
einen Seite die übermässigen Auflagen, und auf der andern
die Bedrükkungen der Pächter und Zollbedienten, Akker¬
bau, Handlung und Manufakturen heruntergebracht ha¬
ben. Dem Venetianer dünkt alles zu viel, was er an
den Staat abgeben soll, und alles ist Druk in seinen Au¬
gen, was ihn in seiner behaglichen Trägheit und dem sa¬
crosanto far niente störet.
Von den Einkünften der gesammten Geistlich¬
keit, die zum Theil sehr beträchtlich sind, erhebt die Re¬
publik zu allen Zeiten den zehnten Theil; und damit
die Schazkammer auf keinerlei Weise verkürzt werde, so ist
ein besonderer, aus dreien Edelleuten bestehender Magistrat
dazu angestellt, der il Magistrato alle Decime del Clero heisst,
und über die Einkünfte desselben Rechnung hält. Ueber
das kann kein Bischoff, Prälat, Pfarrer, oder wer sonst
eine Pfründe besizt, die damit verbundene Einkünfte be¬
ziehen, wenn er nicht zuvor deh zeitlichen Besiz seiner
Pfründe von der Regierung bestätiget erhalten hat. Zu
dem Ende ist unter der Aufsicht des Grosskanzlers das soge¬
nannte Ufficio della Bolla, welches den Neugewählten gegen