Beschreibung von. Venedig.
I. Theil.
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94) S. Silvestro, Parrochial- und Mutter-
kirche. Sie nahm ihren Ursprung durch die Familie
der Andreardi, und ward 1177 von Pabst Alexander III.
eingeweihet. Die Brüderschaft von St. Rocco erweiterte
sie ansehnlich, ehe sie noch eigene Gebäude hatte. Sie
stand vorzeiten unter der Gerichtsbarkeit des Patriarchen
von Grado. Im vorigen Jahrhundert erhielt sie eine mo¬
dernere und bessere Gestalt. Sie hat acht Altäre, worun¬
ter der Hochaltar ein schönes mit Bildern von Heinrich
Meyring geziertes Tabernakel hat. Das Altarblatt des
ersten Altars zur Linken mit dem heiligen Bischoff Thomas
auf einem schönen Throne sizzend, Johannes dem Täufer
und St. Franciscus, ist von Girolamo di SantaCroce.
Dabei siehet man zwei kleine blasende Engel in der edlen
und reizvollen Manier der ersten Zeiten, und das Ganze
ist mit vieler Natürlichkeit und guter Empfindung gemahlt.
Das Altarblatt am dritten Altar zur Rechten mit der Taufe
Christi ist von Jacob Tintoretto. Bilder von grossem
Karakter, guter Bewegung und gelehrter Schattirung.
In einem andern Gemälde von eben diesem Meister auf
der andern Seite der Kirche ist Christus im Garten vorge¬
stellet. Ein berühmtes Gemälde von Paul Veronese
beim zweiten Altar zur Linken enthält den Besuch der
Weisen. Man bewundert hier insbesondere die schöne
und reiche Zusammensezzung. Ein Nachtmahl Christi
vom ältern Palma zeugt von einer zügellosen Phantasie
und Meisterschaft des Pinsels. Ein schônes Altarblatt von
Damiano Mazza, das einen würdigen Schüler von
Tizian verräth, enthält die heilige Helena mit dem Kreuze,
St. Silvester und Kaiser Konstantin. Ein anderes grosses
Gemälde von Matt. Ponzone stellet den das gefundene
Kreuz tragenden Kaiser Konstantin vor. Girolamo
Pilotto stellete in zwei Gemälden die Himmelfahrt der
Madonna, und die Taufe Konstantins vor. Am vierten
Altar zur Linken stehet ein Gemälde mit der Madonna