Full text: Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Überreste

den Ausgrabungen dadurch Einhalt zu thun, daß er die für mich zu arbeiten 
Geneigten durch Drohungen einschüchterte. Am folgenden Morgen ritt ich des 
wegen nach der Stadt und machte Sr. Excellenz meine Aufwartung. Der 
Pascha behauptete, überrumpelt worden zu sein, läugnete, irgend einen derartigen 
Befehl gegeben zu haben und wies seinen Secretär an, dem Befehlshaber der 
Truppen zu schreiben, mir eher jeden nur möglichen Beistand zu leisten, statt 
mir Hindernisse in den Weg zu legen. Er versprach mir, ich solle den Brief 
noch denselben Nachmittag, bevor ich nach Selamijah zurückreisen würde, 
erhalten; es kam aber bald darauf ein Officier zu mir, welcher vorgab, der 
Pascha wolle mich nicht aufhalten und noch in dieser Nacht den Brief schicken. 
Ich ritt in das Dorf zurück und benachrichtigte Daud Agha von dem Erfolge 
der Audienz. Gegen Mitternacht aber kam dieser zu mir und erklärte mir: 
ein Reiter habe ihm Befehle gebracht, die noch weit strenger als die bis jetzt 
erhaltenen seien, und daß er mir durchaus nicht erlauben dürfe, in meinen 
Arbeiten fortzufahren. 
Ueber dieses sich widersprechende und zweideutige Benehmen erstaunt, kehrte 
ich am nächsten Morgen zeitig nach Mosul zurück und ging zu dem Pascha. 
„Es that mir leid," sagte er, „gestern nach Ihrem Weggange zu erfahren, daß 
der Ruinenhügel, in dem Sie Ihre Nachgrabungen begonnen haben, von Musel 
männern als Begräbnißplatz benutzt worden und mit Gräbern bedeckt ist; nun 
wissen Sie aber, daß das Gesetz ein Grab zu stören verbietet; und der Kadi 
und der Mufti haben mir darüber Vorstellungen gemacht." — „Auf das Erste, 
erwiederte ich, „kann ich, da ich mit dem Ruinenhügel sehr wohl bekannt bin 
sagen, daß keine Gräber gestört worden sind; auf das Zweite bemerke ich nur, 
daß nach der weisen und festen „politica,“ welche Ew. Excellenz zu Siwas 
ausübten, Grabsteine kein Hinderniß sein dürften. So Gott will, haben der 
Kadi und der Mufti durch die Lection, welche Ew. Excellenz dem mürrischen 
Ulema jener Stadt gaben, etwas gelernt." — „In Siwas," antwortete er, 
den Sinn sogleich fassend, „da hatte ich es mit Muselmännern zu thun und da war 
Tanzimat eingeführt.*) Aber hier haben wir nur Kurden und Araber, und 
Wallah! sie sind dummes Vieh. Nein, ich kann Ihnen nicht erlauben fortzufahren 
Sie sind mein theuerster und intimster Freund: wenn Ihnen ein Unglück zustieße, 
welchen Kummer sollte das mir machen! Ihr Leben ist kostbarer, als die alten 
Steine; überdies würde die Verantwortlichkeit auf mein Haupt fallen." Da 
ich nun fand, daß der Pascha entschlossen war, meine Forschungen zu unter 
brechen, so stellte ich mich, als ob ich durch seine Antwort beruhigt sei und 
bat nur, er möchte einen von seinen Kawassen mit mir nach Nimrud schicken, 
weil ich die Sculpturen abzuzeichnen und die Inschriften abzuschreiben wünschte, 
so weit ich sie bereits hatte bloßlegen lassen. In dies willigte er ein und 
befahl einem Officiere, mich zu begleiten. Noch bevor ich Mosul verließ, 
erfuhr ich zu meinem Bedauern, von welcher Seite hauptsächlich die Opposition 
gegen meine Bemühungen kam. 
Bei meiner Rückkunft nach Selamijah machte es wenig Schwierig 
keiten, den Kawass des Pascha zu veranlassen, die Annahme einiger weniger 
Arbeitsleute zur Bewachung der Sculpturen während der Tageszeit mir 
zuzulassen, und da Daud Agha durch die Gegenwart dieses Beamteten 
von aller Verantwortlichkeit frei zu sein erklärte, so trat er mir in dem, was 
*) Das verbesserte System, welches in den meisten Provinzen der Türkei eingeführt 
worden ist, aber auf Mosul und Baghdad damals noch nicht ausgedehnt war.
	        
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