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werde, weil ich vermuthete, daß wir endlich die entgegengesetzte Seite des Zim
mers finden würden, zu dem wir, wie es schien, den Eingang gefunden hatten
Nachdem wir eine große Menge Erde, die mit Holzkohle, verkohltem Holze und
zerschlagenen Backsteinen vermischt war, herausgeschafft hatten, erreichten wir das
obere Ende der Mauer f. am Nachmittage des 28. Novembers. Um nun Ge
wißheit zu erhalten, ob wir an der innern Seite eines Zimmers wären, wurden
die Arbeitsleute angewiesen, auf beiden Seiten der Platten den Schutt wegzu
räumen. Die südliche Fronte war ohne Sculpturen; aber der erste Hieb mit
der Hacke an der entgegengesetzten Seite machte das obere Ende eines Basreliefs
frei. Die Araber waren über diese Entdeckung nicht weniger freudig erregt als
ich selbst; und sie arbeiteten, trotz eines heftigen Regenschauers, bis zum Dun
kelwerden und machten zwei Platten, Nr. 1 und 2, vollkommen zur Ansicht frei
Auf jeder Platte waren zwei Basreliefs durch ein Band von Inschriften
getrennt. Der Gegenstand des oberen Theils von Nr. 1 stellte eine Schlachtscene
vor; zwei Wagen, von Pferden, die mit reichem Zaumschmuck versehen, gezogen, au
deren jedem sich eine Gruppe von 3 Kriegern befand; die Hauptperson in beiden
Gruppen hatte keinen Bart, war also offenbar ein Eunuch. Er war in eine voll
ständige Rüstung gekleidet und trug einen Helm mit einer Spitze auf dem Kopfe
von dessen Seitenflügel zum Schutze der Ohren, des untern Theils des Gesich
tes, und des Nackens herabfielen. Die linke Hand hielt den vollständig aufge
zogenen Bogen, während die rechte, die Sehne nach dem Ohre hinziehend, einen
darauf liegenden Pfeil zum Abschießen bereit hielt. Ein anderer Krieger trieb
die drei Pferde, welche über die Ebene galoppirten, mit Zügel und Peitsche
zur äußersten Schnelligkeit an. Ein Dritter, ohne Helm und mit herabwallen
dem Haar und Barte, hielt einen Schild zur Vertheidigung vor die Hauptfigur
Unter den Füßen der Pferde und zerstreut über das Relief, lagen die Besieg
ten, welche von den Pfeilen der Sieger verwundet waren*). Mit Erstaunen
beobachtete ich die Eleganz und den Reichthum der Verzierungen, die treue und
zarte Zeichnung der Glieder und Muskeln, sowohl bei den Menschen als auch bei
den Pferden, und die Kunstkenntniß, welche im Gruppiren der Figuren und der
Composition im Allgemeinen dargelegt war. In dieser Hinsicht sowohl, als auch
im Costüme, schien mir diese Sculptur nicht allein von den Basreliefs von
Khorsabad unterschieden zu sein, sondern sie zu übertreffen. In den zu der
Inschrift gebrauchten Zeichen fand ich auch Spuren eines bezeichnenden Unter
schiedes von der auf den von Herrn Botta entdeckten Monumenten. Unglück
licherweise war die Platte dem Feuer ausgesetzt gewesen und hatte so sehr gelit
ten, daß keine Hoffnung, sie transportiren zu können, vorhanden war. Ueberdies
waren auch die Ecken abgehauen, und dadurch hatten einige Figuren und In
schriften gelitten; und da die nächste Platte (Nr. 2) verkehrt stand, so mußte
sie augenscheinlich von einem andern Gebäude hierher gebracht worden sein.
Dieser Umstand erschwerte jede Vermuthung über den Ursprung und die Gestalt
des Gebäudes, welchem wir nachforschten, nur noch viel mehr.
Das untere Basrelief auf Nr. 1 stellte die Belagerung eines festen Schlosses
oder einer mit Mauern umgebenen Stadt dar. Linker Hand sah man zwei
Krieger, jeder einen kreisrunden Schild in der einen und ein kurzes Schwert in
der andern Hand haltend. Eine Tunica, die in der Taille durch einen Gürtel
zusammengehalten wurde und mit einer Einfassung von Troddeln verziert war,
reichte bis zu den Knieen herab; ein Köcher hing auf dem Rücken und der linke
*) „Monumente von Niniveh" Tafel 28.