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bevölkern. In diesem Theile des ottomanischen Reiches ist mit Ausnahme von
Mosul und den Gebirgen kaum eine Spur der ehemaligen alten Bevölkerung
zu finden. Die Stämme, welche die Wüste bewohnen, wurden von den Dsche
bel Schammar in Nedschd, meist seit der Zeit, auf welche Leute sich
besinnen können, hierher gebracht. Die Bewohner der Ebenen im Osten des
Tigris sind meistens Turkomanen und Kurden mit Arabern vermischt,
oder Jezidi, welche Fremdlinge im Lande sind und deren Ursprung nicht
leicht zu bestimmen ist. Einige wenige Chaldäer und jakobitische Chri
sten leben einzeln zerstreut in Mosul und den benachbarten Dörfern, oder
wohnen in den unzugänglichsten Theilen der Gebirge, ihren Zufluchtsorten vor
den verwüstenden Banden des Tamerlan, und sie sind wahrscheinlich die
einzigen Nachkommen jenes großen Volkes, welches einst die Hälfte von Asien
von diesen Ebenen aus beherrschte.
Der Juz Baschi oder Hauptmann der irregulären Truppen, ein gewisser
Daud Agha, ein Eingeborner aus dem nördlichen Kleinasien, kam und besuchte
mich, sobald ich mich in meinem neuen Quartier eingerichtet hatte. Wie die
meisten Leute seines Standes, anerkannte Freibeuter*), war er offen und ver
ständig. Er bot mir seine Dienste an, unterhielt mich von seinen Abenteuern
und machte Pläne zu Jagdzügen. Einige wenige Geschenke sicherten mir seine
Anhänglichkeit und er erwies sich später als einen sehr nützlichen und treuen
Verbündeten.
Von nun an hatte ich jeden Morgen 3 (engl.) Meilen weit zu reiten, um
zu dem Ruinenhügel zu gelangen; und meine Arbeitsleute, welche sich wegen
der Araber in Naifa zu wohnen fürchteten, kehrten auch nach ihrem Tagewerke
nach Selamijah zurück.
Die Ausgrabungen wurden noch immer so eifrig betrieben, als es die mir
zu Gebote stehenden Mittel nur immer erlaubten. Der Eingang d. Plan II.
war nun vollkommen bloßgelegt und die Rückseite verschiedener Platten der Mauer
d. war frei. An ihnen befanden sich die gewöhnlichen Inschriften und der Eck
stein Nr. 4, welcher offenbar von einem andern Gebäude hierher gebracht wor
den war, war mit eingehauenen Blumen und Schnörkeln reich verziert. Aber
noch immer hatte ich keine Sculpturen entdeckt; auch konnte noch keine Idee
über die relative Lage der Mauern gefaßt werden. Ich ordnete daher an, daß
schräg in den Hügel hinein vom Eingange (d) aus ein Laufgraben getrieben
) Die ireguläre Cavallerie (Hytas, wie sie in diesem Theile der Türkei genannt
werden und Baschi Bozuks in Rumelien und Anatolien) wird aus allen
Ständen und Provinzen gesammelt. Ein durch seinen Muth und Kühnheit bekannter
Mann wird Hyta Baschi genannt und wird mit Teskehrehs, Ordres zu Gehalt
und Provision, versehen für 4 bis 500 oder 1000 Mann und mehr. Er sammelt nun
alle Herumtreiber oder Freibeuter, die er auftreiben kann, um seine Zahl voll zu machen.
Für Waffen und Pferde müssen sie selbst sorgen, obgleich sie manchmal vom Hyta
Baschi damit versehen werden, der ihnen dann von ihrer Löhnung bis zur Deckung
seiner Auslagen einen Theil abzieht. Die besten Hytas sind die Albanesen und
Lazes (Lashen, Lashier), und sie bilden ein sehr tüchtiges und wirksames Corps
irregulärer Cavallerie. In Mosul ist ihr Sold gering; er beläuft sich nur etwa auf
2 Thlr. 16 Gr. monatlich; in andern Provinzen ist er aber beträchtlich höher. Sie
werden in den Dörfern einquartiert und sind der Schrecken der Bewohner, die sie nach
Belieben mißhandeln und plündern. Sobald ein Hyta Baschi sich einen Ruf erwor
ben hat, ist sein Gefolge zahlreich und ihm ergeben. Er wandert in den Provinzen
herum und verkauft seine und seiner Truppen Dienste, wie im Mittelalter ein Con
dottiero, an den Pascha, welcher den höchsten Sold bezahlt und der die besten Aus
sichten auf Plünderung macht.