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Vierzehntes Capitel.
Ausgrabungen zu Kujjundschik werden beabsichtigt.
Nimrud wird verlassen.
Rückkehr nach Mosul. — Entdeckung eines Gebäudes zu Kujjundschik.
Basreliefs.—
Allgemeine Beschreibung der Sculpturen.
— Die von Herrn Ross
unternommenen Ausgrabungen.. — Seine Entdeckungen. — Basreliefs. — Eine sculp
tirte Platte und ein Sarkophag. — Vorbereitungen zur Rückkehr nach Konstan
tinopel. — Abreise von Mosul.
Die Gemächer von Nimrud waren wieder mit Erde zugefüllt worden,
und die Sculpturen dadurch vor Beschädigung geschützt. Die umliegende Ge
gend wurde durch die Einfälle der Araber der Wüste täglich gefährlicher, denn
diese fingen nun an auf dem Westufer des Tigris ihre Lager aufzuschlagen,
und daher wurde es hohe Zeit, das Dorf zu verlassen. Da mir noch eine
kleine Summe zu Gebote stand, so entschloß ich mich, sie zur Untersuchung der
des
Ruinen zu verwenden, welche Mosul gegenüberliegen; besonders
großen Ruinenhügels von Kujjundschik. Obgleich schon Ausgrabungen im
kleinen Maaßstabe dort vorgenommen worden waren, so hatte ich doch nicht die
Zeit gehabt, sie selbst zu überwachen, und zu solchen Nachsuchungen sind die
Eingebornen unzuverlässig. Es ist wohl bekannt, daß seit dem Falle des
assyrischen Reiches eine Stadt von einigem Umfange an der Stelle des alten
Niniveh, obgleich weder Regierungssitz noch von Bedeutung, in diesem Theile
des Laufes des Tigris gestanden hat. Wenn auch die neuere Stadt
nicht auf den Ruinen der alten erbaut wurde, so erhob sie sich doch in unmit
telbarer Nähe der alten, sei es nun östlich vom Flusse oder westlich wie das
moderne Mosul. Die Alabasterplatten, welche einst die Mauern der alten
Paläste bedeckt hatten, und noch unter der Erde verborgen liegen, welche den
großen Ruinenhügel bildet, waren oft zufällig oder absichtlich bloßgelegt wor
den. Die sich in ihrer Nachbarschaft Ansiedelnden hatten bald gefunden, daß diese
Ruinen eine unerschöpfliche Quelle von Baumaterial boten, und man grub
daher den Alabaster aus und benutzte ihn entweder ganz zum Bauen, oder man
brannte ihn zu Kalk. Noch vor wenigen Jahren hatte man eine Alabaster
sculptur in einem Theile der Ruinen gefunden, als man zum Bau einer Brücke
über den Tigris nach Steinen suchte, und seit Jahrhunderten mögen auf diese
Art Platten weggeschafft und Sculpturen zerstört worden sein. Es war daher
mit gutem Grunde zu bezweifeln, ob irgend ein Gebäude, sei es auch in un
vollkommenem Zustande, noch zu Kujjundschik existirte. Daß unter dem
Dorfe, welches das Grab des Propheten Jonah enthält, Ruinen von hoher
Wichtigkeit, wahrscheinlich noch ganz so wie zu Nimrud erhalten, sich vor
fänden, wußte ich. Ihre Erhaltung verdanken sie der aus einer sehr frühen
Zeit herstammenden Existenz des Grabes und des Dorfes, welche sich darauf
befinden. Wenn die Bewohner des Dorfes den Grund zu ihren Wohnungen
gegraben hatten, so hatten sie häufig Stücke von Sculpturen und Inschriften
gefunden. Die Vorurtheile der Leute in Mosul waren aber viel zu groß,
als daß man eine Untersuchung des wegen seiner Heiligkeit so verehrten Ortes
hätte wagen können.
Die Gebäude zu Nimrud waren, als sie erst einmal der Schutt begra
ben hatte, weil sie von jeder größeren Stadt weit entfernt lagen, nicht gestört
worden; denn nach dem Falle des assyrischen Reiches scheint kein Ort von
einiger Wichtigkeit hier entstanden zu sein, Selamijah vielleicht ausgenom¬