247
mußten der Atmosphäre lange ausgesetzt gewesen sein, denn die Köpfe waren
sehr beschädigt.
Ich fing nun an in den Theilen der Ruinen, die noch bloß lagen, Alles
zu bedecken, wie die mir von den Directoren des britischen Museums zugegan
gene Anweisung besagte. Wären die zahlreichen Sculpturen ohne Sorgfalt,
sie zu erhalten, so bloß liegen geblieben, so würden sie nicht allein von den
Einwirkungen der Atmosphäre, sondern auch von den Keulen und Speeren der
Araber zu leiden gehabt haben; denn diese Letzteren sind immer geneigt, den
Götzenbildern der Ungläubigen die Augen auszustoßen, und sie auf andere Art
zu entstellen. Der aus den Ruinen herausgeschaffte Schutt und die Erde wurde
nun in Körben wieder hineingetragen, in die Zimmer geworfen, und bis Alles
bedeckt war, über die Sculpturen ausgebreitet.
Bevor ich aber Nimrud verlasse und seine Ruinen wieder begrabe,
wünsche ich den Leser noch einmal durch die Ruinen des Hauptpalastes zu
führen, um ihn, so weit ich es im Stande bin, eine Idee von den bloßge
legten Hallen und Zimmern zu geben, wie sie nämlich, als sie ganz untersucht
waren, aussahen. Man denke sich, wir kämen aus meinem Zelte in die Ebene
in der Nähe des Dorfes. So wie man sich dem Ruinenhügel nähert, kann
man, eine kleine, aus Lehm für meine Chaldäer erbaute, und mit Rohr be
deckte Hütte ausgenommen, keine Spur von einem Gebäude sehen. Wir steigen
den künstlichen Hügel hinauf, aber noch immer sehen wir keinen Stein aus
dem Grunde hervorstehen; nur eine breite, ebene Plattform befindet sich vor
uns, die entweder mit einer üppigen Gerstenernte bedeckt, oder gelb und ver
trocknet ist, ohne eine Spur von Vegetation zu zeigen, wovon wir hier und
da ein ärmliches Büschchen von Kameeldorn sehen. Niedrige schwarze Haufen,
umgeben von Reisholz und getrocknetem Grase, aus deren Mitte eine dünne
Rauchsäule emporsteigt, wird man wohl hier und da sehen. Dies sind die
Zelte der Araber; um sie herum kriechen einige erbärmlich aussehende alte
Weiber, die Kameelmist oder trockene Zweige sammeln. Ein oder zwei Mäd
chen wird man mit festem Schritte und aufrechter Haltung, den Wasserkrug
auf den Schultern oder ein Bündel Reisholz auf dem Kopfe, vielleicht gerade
den Gipfel des Hügels erreichen sehen. Von allen Seiten scheinen lange
Reihen von wildaussehenden Wesen, mit fliegenden Haaren, die Gliedmaaßen
nur durch das leichte, weite, kurze Hemd bedeckt, aus der Tiefe hervorzukommen,
Einige springend und Possen reißend, Alle aber wie Verrückte hin und her
laufend. Jeder von ihnen trägt einen Korb, und so wie er an den Rand des
Ruinenhügels, oder an einen passenden Ort in der Nähe desselben kommt,
leert er ihn aus, und erzeugt eine Wolke von Staub. So schnell er nur
kann, läuft er dann zurück, tanzend, wie vorher schreiend, und den Korb über
dem Kopfe hin und her schwenkend; dann verschwindet er wieder so plötzlich
in die Tiefe, als wie er heraus kam. Dies sind die Arbeiter, die den Schutt
aus den Ruinen tragen.
Auf einer roh in die Erde gemachten Treppe wollen wir nun in den
vorzüglichsten Laufgraben, der sich am westlichen Rande des Hügels befindet,
hinabsteigen. So wie wir uns ihm nähern, finden wir eine Abtheilung Ara
ber, die sich auf den Knieen niederbücken und etwas unter ihnen Befindliches
höchst aufmerksam betrachten. Jeder hält seine lange Lanze, an welcher sich
oben ein Bündel Straußenfedern befindet, in der einen Hand; in der andern
hat er die Halfter seiner Stute, welche geduldig hinter ihm steht. Diese Ge
sellschaft besteht aus einem Beduinenscheikh der Wüste und seinem Gefolge,