Full text: Layard, Austen Henry: Niniveh und seine Überreste

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mußten der Atmosphäre lange ausgesetzt gewesen sein, denn die Köpfe waren 
sehr beschädigt. 
Ich fing nun an in den Theilen der Ruinen, die noch bloß lagen, Alles 
zu bedecken, wie die mir von den Directoren des britischen Museums zugegan 
gene Anweisung besagte. Wären die zahlreichen Sculpturen ohne Sorgfalt, 
sie zu erhalten, so bloß liegen geblieben, so würden sie nicht allein von den 
Einwirkungen der Atmosphäre, sondern auch von den Keulen und Speeren der 
Araber zu leiden gehabt haben; denn diese Letzteren sind immer geneigt, den 
Götzenbildern der Ungläubigen die Augen auszustoßen, und sie auf andere Art 
zu entstellen. Der aus den Ruinen herausgeschaffte Schutt und die Erde wurde 
nun in Körben wieder hineingetragen, in die Zimmer geworfen, und bis Alles 
bedeckt war, über die Sculpturen ausgebreitet. 
Bevor ich aber Nimrud verlasse und seine Ruinen wieder begrabe, 
wünsche ich den Leser noch einmal durch die Ruinen des Hauptpalastes zu 
führen, um ihn, so weit ich es im Stande bin, eine Idee von den bloßge 
legten Hallen und Zimmern zu geben, wie sie nämlich, als sie ganz untersucht 
waren, aussahen. Man denke sich, wir kämen aus meinem Zelte in die Ebene 
in der Nähe des Dorfes. So wie man sich dem Ruinenhügel nähert, kann 
man, eine kleine, aus Lehm für meine Chaldäer erbaute, und mit Rohr be 
deckte Hütte ausgenommen, keine Spur von einem Gebäude sehen. Wir steigen 
den künstlichen Hügel hinauf, aber noch immer sehen wir keinen Stein aus 
dem Grunde hervorstehen; nur eine breite, ebene Plattform befindet sich vor 
uns, die entweder mit einer üppigen Gerstenernte bedeckt, oder gelb und ver 
trocknet ist, ohne eine Spur von Vegetation zu zeigen, wovon wir hier und 
da ein ärmliches Büschchen von Kameeldorn sehen. Niedrige schwarze Haufen, 
umgeben von Reisholz und getrocknetem Grase, aus deren Mitte eine dünne 
Rauchsäule emporsteigt, wird man wohl hier und da sehen. Dies sind die 
Zelte der Araber; um sie herum kriechen einige erbärmlich aussehende alte 
Weiber, die Kameelmist oder trockene Zweige sammeln. Ein oder zwei Mäd 
chen wird man mit festem Schritte und aufrechter Haltung, den Wasserkrug 
auf den Schultern oder ein Bündel Reisholz auf dem Kopfe, vielleicht gerade 
den Gipfel des Hügels erreichen sehen. Von allen Seiten scheinen lange 
Reihen von wildaussehenden Wesen, mit fliegenden Haaren, die Gliedmaaßen 
nur durch das leichte, weite, kurze Hemd bedeckt, aus der Tiefe hervorzukommen, 
Einige springend und Possen reißend, Alle aber wie Verrückte hin und her 
laufend. Jeder von ihnen trägt einen Korb, und so wie er an den Rand des 
Ruinenhügels, oder an einen passenden Ort in der Nähe desselben kommt, 
leert er ihn aus, und erzeugt eine Wolke von Staub. So schnell er nur 
kann, läuft er dann zurück, tanzend, wie vorher schreiend, und den Korb über 
dem Kopfe hin und her schwenkend; dann verschwindet er wieder so plötzlich 
in die Tiefe, als wie er heraus kam. Dies sind die Arbeiter, die den Schutt 
aus den Ruinen tragen. 
Auf einer roh in die Erde gemachten Treppe wollen wir nun in den 
vorzüglichsten Laufgraben, der sich am westlichen Rande des Hügels befindet, 
hinabsteigen. So wie wir uns ihm nähern, finden wir eine Abtheilung Ara 
ber, die sich auf den Knieen niederbücken und etwas unter ihnen Befindliches 
höchst aufmerksam betrachten. Jeder hält seine lange Lanze, an welcher sich 
oben ein Bündel Straußenfedern befindet, in der einen Hand; in der andern 
hat er die Halfter seiner Stute, welche geduldig hinter ihm steht. Diese Ge 
sellschaft besteht aus einem Beduinenscheikh der Wüste und seinem Gefolge,
	        
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