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verbreitet wird, mit Ausschluß derjenigen Stellen, welche
von den Adern bedeckt sind. Diese als ruhende, von dem
Lichte nicht afficirte Theile der Netzhaut erscheinen als ein
großes das ganze Gesichtsfeld umfassendes Netz von schwarzen
Adern in der größten Deutlichkeit und Bestimmtheit der
Grenzen, aber in ihren wahren Größen, welche sich zu
ihren scheinbaren, wie sie die anatomische Untersuchung
objectiv darlegt, verhalten, wie das subjective Gesichtsfeld
der Netzhaut zu ihrer objectiven scheinbaren Größe bei
der anatomischen Untersuchung. Nicht allen Individuen
ist dieser Versuch zugänglich; aber unter zehn jüngeren
Menschen gelingt er neunen. Das Adergeflecht in seiner
wahren subjectiven Größe erscheint als Gesichtsphänomen
auch leuchtend, wenn man bei einiger Aufregung des Ge
fäßsystems plötzlich aus dem Hellen ins Dunkle tritt, leuch
tend, weil hier der Druck der turgescirenden Adern die
bedeckten Theile der Netzhaut leicht zur Lichtempfindung
aufregt. Dasselbe leistet manchmal ein plötzlicher etwas
starker Druck auf das ganze Auge. Das Gefäßgeflecht der
Netzhaut erscheint in diesen subjectiven Versuchen so zusam
mengesetzt, als es durch Einspritzung in Leichen nicht dar
stellbar ist. Die Centralgefäße treten im subjectiven Ge
sichtsfelde seitlich wie Baumstämme aus den Eintrittsstellen
der Sehnerven und verbreiten sich in unendlich vielen Ver
zweigungen und Anastomasen bis zu den Grenzen des
Sehfeldes. Die Aeste, wo sie am dicksten sind, haben fast
die scheinbare Breite einer Federspule.
Auch die Eintrittsstellen der Sehnerven sind durch sub
jective Versuche im subjectiven Gesichtsfelde darstellbar; wir
verdanken diese schöne Beobachtung dem um die Physiologie
der Sinne hochverdienten Purkinje*). Wenn man nach
*) Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne, I.
2te Aufl. Prag, 1823. S. 78.