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bewußte Contraction eines Augenmuskels in der Empfin
dung zur leuchtenden Fläche ausgedehnt. Das Maß des
Räumlichen in der Vorstellung sey durch das Maß der
Muskelcontraction bestimmt. Damit aber andere Theile
der flächenhaften Netzhaut auch beleuchtet würden, bedürfe
es anderer Contractionsgrade der Muskeln. So wird der
räumliche Unterschied auf der Retina zu einem zeitlichen
der Contractionen, welche nöthig sind, um verschiedene Theile
der Netzhaut nacheinander einer und derselben Beleuchtung
auszusetzen. Alle Theile der Netzhaut stehen in Beziehung
mit bestimmten Contractionsgraden der verschiedenen Augen
muskeln; und so, wird gesagt, sey durch die Erziehung des Ge
sichtssinnes die Beleuchtung und Empfindung an bestimmten
Stellen der Netzhaut in Beziehung auf ihre ganze Ausdehnung
stillschweigend an das Bewußtseyn der jenen Stellen ange
hörigen Contractionsgrade oder, wie Steinbuch sich aus
drückt, Muskelideen geknüpft; wodurch die Vorstellung des
räumlichen Nebeneinander im Gesichtsfelde entstehe.
Heißt das nicht den Widerspruch mit der Natur suchen,
um daran seinen Scharffinn zu zeigen? Ich habe jenes
Werk, dessen andere Verdienste hier nicht zu würdigen
sind, mit der größten Aufmerksamkeit gelesen; denn nicht
leicht ist ein Irrthum mit so vieler Verschwendung von
Geist und einem so künstlichen Aufwand von Scharfsinn
ausgestattet worden, und das Gefangennehmen geschieht
schon von vorn herein sauft und sachte in einer scheinbar
consequenten Construction des Raumes. Der Verfasser
läßt auch dem Kinde die Construction des Tastraumes und
des Raumes überhaupt durch die Empfindung der Bewe
gungsgrade der Muskeln entstehen.
Fragen wir aber, was dann in der Empfindung ver
schiedener Bewegungsgrade der Muskeln wirklich empfunden
werde, oder was eigentlich die Bewegideen Steinbuch's
sind, so ist die Antwort keine andere, als: das Maß des