Full text: Mueller, Johannes: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebst einem Versuch über die Bewegungen der Augen und über den menschlichen Blick

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für die erste Aufgabe der jetzigen Physiologie. Lassen Sie 
uns die Gründe dieser Behauptung etwas näher untersu 
chen. Man hat dem psysiologischen Versuch den Vorwurf 
gemacht, daß er zu den einfachen uns unbekannten und 
räthselhaften Lebenserscheinungen nur andere eben so unbe 
kannte hinzufüge, daß er so eine unruhige Neugierde, die 
Ungeduld der Erklärungssucht mehr befriedige, als zur 
Wesenheit der Erscheinung eindringe. Diese Bemerkung 
scheint mir in Beziehung auf die besondere Art der experi 
mentirenden Thätigkeit der Physiologen sehr richtig; sie 
führt uns zu einem wesentlichen Unterschied des chemischen 
und physiologischen Versuchs in Hinsicht ihrer Gültigkeit. 
Wenn es nicht wahr ist, daß das physiologische Experi 
ment nur die Menge der unbekannten Lebenserscheinungen 
häufe, wenn es in der That Schlüsse auf den Grund der 
selben erlaubt, so kann dieß begreiflich nur dadurch ge 
schehen, daß wir aus der uns bekannten Natur der Be 
dingungen, die wir im Versuch der lebendigen Einzelheit 
setzen, auf die Natur ihrer Resultate, ihrer Producte in dem 
lebenden Körper schließen. Dieses kann der einzige Grund 
seyn, warum wir physiologische Versuche unternehmen. 
Dann auch hat der Versuch, wenn er überhaupt gültig ist, 
vor der Beobachtung den Vorzug, daß er zu allen Zeiten, 
unter denselben Bedingungen angestellt, dasselbe Resultat 
giebt. Wenn nun aber, was aus dem Conflict der äußeren 
Bedingungen und des lebenden Körpers hervorgeht, nim 
mer Producte der Bedingungen und des Lebens selbst 
wären, so daß in demselben als einem dritten, die uns 
ihrer Natur nach schon bekannten Bedingungen nicht enthal 
ten wären, wenn vielmehr alle Wirkungen äußerer im Ver 
such gesetzter Bedingungen nur Educte des lebendi 
gen Organismus hervorriefen, dann wäre der vorausge 
setzte Bezug der bekannten Bedingungen auf die unbekann 
ten Erscheinungen nicht; und es wäre allerdings wahr,
	        
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