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schiedene Stimmungen der Seele eine große Breite. Man
muß ein bewegtes Gemüth einmal beten gesehen haben,
um es wahr zu finden, daß auch das Auge in seiner Noth
sich windet, wie die Arme nach Rettung ringen. Das
nennt man in größerem und geringerem Grade mit den
Augen bitten. Das Auge des Mädchens schwimmt in
Thränen, das heißt nicht bloß, das Auge ist thränenheiß
und thränennaß, das Auge schwimmt in der That. So
weint auch der Greis. Leicht gehen diese Bewegungen ins
Zitternde über.
Verschiedene Sehweite, Contuitus.
Es giebt eine Menge von Zuständen, in welchen die
Neigung der Sehachsen oder die Sehweite des beweglichen
Blickes außer der Entfernung der betrachteten Gesichtsobjecte
ist, in welchen bei einer unbestimmten Firation auch undeutlich
gesehen wird. Wir wollen zuerst die Extreme dieser Be
wegungen kennen lernen. Dahin gehört vorerst:
Das unbestimmte Vorsichhinstarren hat ei
nen sehr fernen Horopter, mit dem für diese Sehweite
eingerichteten Refractionszustande der brechenden Medien.
Die nächsten Gegenstände fallen in den Kreis des undeut
lichen Sehens. Das Auge abstrahirt von allen Einzelhei
ten des Gesichtsfeldes und sucht das undeutliche Sehen,
ohne den allgemeinen Lichteindruck aufgeben zu wollen. Die
Pupille ist weit offen, weil die Erweiterung der Pupille
gleichen Schritt mit der Entfernung des Horopters geht.
In diesem Zustande sind die Augen in der Meditation
oder auch sonst (wie Purkinje bemerkt), bei einer Ab
spannung des Bewußtseyns und Richtungslosigkeit des
Denkens, in der Zerstreuung. »In diesen Fällen kostet