Full text: Mueller, Johannes: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebst einem Versuch über die Bewegungen der Augen und über den menschlichen Blick

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schiedene Stimmungen der Seele eine große Breite. Man 
muß ein bewegtes Gemüth einmal beten gesehen haben, 
um es wahr zu finden, daß auch das Auge in seiner Noth 
sich windet, wie die Arme nach Rettung ringen. Das 
nennt man in größerem und geringerem Grade mit den 
Augen bitten. Das Auge des Mädchens schwimmt in 
Thränen, das heißt nicht bloß, das Auge ist thränenheiß 
und thränennaß, das Auge schwimmt in der That. So 
weint auch der Greis. Leicht gehen diese Bewegungen ins 
Zitternde über. 
Verschiedene Sehweite, Contuitus. 
Es giebt eine Menge von Zuständen, in welchen die 
Neigung der Sehachsen oder die Sehweite des beweglichen 
Blickes außer der Entfernung der betrachteten Gesichtsobjecte 
ist, in welchen bei einer unbestimmten Firation auch undeutlich 
gesehen wird. Wir wollen zuerst die Extreme dieser Be 
wegungen kennen lernen. Dahin gehört vorerst: 
Das unbestimmte Vorsichhinstarren hat ei 
nen sehr fernen Horopter, mit dem für diese Sehweite 
eingerichteten Refractionszustande der brechenden Medien. 
Die nächsten Gegenstände fallen in den Kreis des undeut 
lichen Sehens. Das Auge abstrahirt von allen Einzelhei 
ten des Gesichtsfeldes und sucht das undeutliche Sehen, 
ohne den allgemeinen Lichteindruck aufgeben zu wollen. Die 
Pupille ist weit offen, weil die Erweiterung der Pupille 
gleichen Schritt mit der Entfernung des Horopters geht. 
In diesem Zustande sind die Augen in der Meditation 
oder auch sonst (wie Purkinje bemerkt), bei einer Ab 
spannung des Bewußtseyns und Richtungslosigkeit des 
Denkens, in der Zerstreuung. »In diesen Fällen kostet
	        
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