Full text: Mueller, Johannes: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebst einem Versuch über die Bewegungen der Augen und über den menschlichen Blick

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Haupt ist in leisen schaukelnden Bewegungen begrifen. 
Körper und Auge theilen hier die gemeinsame Bewegung; 
aber die Stellung der Augen in Beziehung auf das Haupt, 
ihren bewegten Boden wechselt in jedem Augenblicke. In 
sofern ist dieses Spiel der Augen noch zusammengesetzter 
als das schon bezeichnete, aber auch weniger heimlicher und 
eigennütziger Genuß der Augen selbst. Man sieht diese 
Art der Bewegung nicht selten an still sinnenden Menschen, 
die im Wohlgefallen sind ihrer eigenen oder einer fremden 
Erscheinung, an Liebenden. Die ethische Natur scheint 
übrigens im Allgemeinen die der frühern; denn auch hier 
ist die Bewegung der Augen, trotz der Firation, dieselbe, 
und es ist hier dem Auge nicht an der Firation, sondern 
nur an der Bewegung gelegen. Die Firation ist hier eben 
so unwesentlich, wie dort der Wechsel der Bilder. Wenn 
man einen Punct fixirend leise kreisförmige oder schau 
kelnde, in sich zurückkehrende Bewegungen mit dem Kopfe 
macht, wobei natürlich die Augenmuskeln, um die Firation 
zu erhalten, in wechselnden Contractionsmomenten begrif 
fen sind, so fühlt man eine Art von Wohlbehagen in dem 
Auge. Dieß mangelt ganz, wenn man ohne Anspruch der 
Augenmuskeln mit Augen und Haupt, die Firation auf 
gebend, gleichzeitig und gleichmäßig zu schaukeln versucht. 
Das éyodv in den Augen, von dem so oft die Alten 
reden, hat bei ihnen eine mehrfache Bedeutung. Ein 
wohllüstig bewegliches Auge heißt beim Anakreon 
Bréuua vyodv; obgleich diese Bezeichnung in einer andern 
Bedeutung auch von einem ruhenden Auge, z. B. der 
Venus Urania in Statuen gilt, wo es nach Winkel 
mann vielmehr von dem liebreizenden Aufgezogenseyn 
der unteren Augenlieder gesagt wird. In der ersten Be 
deutung wird von lateinischen Schriftstellern Bréuua vyodr 
durch die Verbindung oculi udi et tremuli (xvuaivopreg) 
übertragen. Uebrigens häben jene Bewegungen für ver¬
	        
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