Full text: Vitruvius: Des Vitruvius Zehn Bücher über Architektur

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Sechstes Kapitel. 
Die Puteolanerde. 
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1. Es gibt aber eine Sandart, welche von Natur wunderbare 
Dinge hervorbringt. Sie kömmt in der Gegend von Bajä und in 
dem Gebiet der Städte, welche um den Vesuv herumliegen, vor, und 
verleiht in Verbindung mit Kalk und Bruchstein nicht blos den son¬ 
stigen Gebäuden Haltbarkeit, sondern, wenn man auch Dämme im 
Meer damit baut, so erhalten auch diese unter dem Wasser Festigkeit. 
Dieß scheint aber seine Erklärung darin zu finden, daß an diesen 
Bergen und in diesem Landstriche zahlreiche heiße Quellen sind, welche 
nicht sein würden, wenn sie nicht zu unterst entweder von Schwefel 
oder Alaun oder Erdharz ungeheure Feuerbrände hätten; das Feuer 
also und der heiße Dampf der Flamme macht, die Klüfte durchdrin¬ 
gend und sengend, jene Erde leicht, und das Gestein, das dort entsteht, 
ist ein ohne Feuchtigkeit vorkommender Tuff. Wenn also drei auf 
ganz ähnliche Art durch die Heftigkeit des Feuers gebildete Dinge zu 
Einer Mischung gelangen, so haften sie, nachdem sie plötzlich Flüssiges 
aufgenommen, fest an einander und werden, durch die Feuchtigkeit 
gehärtet, schnell fest verbunden, und weder der Wogenandrang, noch 
die Macht des Wassers vermag sie mehr von einander zu lösen. 
2. Daß aber unterirdische Feuerbrände in diesen Gegenden sind, 
darauf kann auch der Umstand hinweisen, daß in dem cumanischen 
Gebirge bei Bajä für Schwitzbäder ausgehöhlte Plätze sind, wo der 
siedendheiße Dampf, der in der Tiefe entsteht, mit der heftigen Gewalt 
des Feuers jene Erde durchbohrt und, sie durchströmend, an diesen 
Plätzen zum Vorschein kömmt und so zu Schwitzbädern außerordent¬ 
lich vortheilhafte Dienste leistet. Nicht minder wird auch berichtet, 
daß vor Alters die Feuerbrände sich gemehrt, unter dem Berge Vesup 
sich übermäßig angesammelt und von da aus loderndes Feuer rings 
über die Gefilde ausgespieen haben. Und so scheint auch damals der 
sogenannte pompejanische Schwammstein oder Bimsstein durch Aus¬ 
brennung aus einer anderen Gattung Stein zu seiner jetzigen Gat¬ 
tungsbeschaffenheit gebracht worden zu sein.
	        
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